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Es gibt keinen Trend zur Bahn

31.03.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist verständlich, dass die Deutsche Bahn angesichts ihres jüngsten Gewinneinbruchs den Fokus nicht auf die Geschäftszahlen legt. Das in absoluten Zahlen gestiegene Nutzeraufkommen macht da ein viel besseres Bild. Der Trend zur Schiene sei ungebrochen; gerade im SPNV könne man sehen, wie sich Mobilitätstrends ändern, die autofixierte Gesellschaft sei an ihrem Ende, künftig werde es viel mehr Schiene geben, die Verkehrswende komme und das ist gut, hört man allerorten. Mit solchen Jubelmeldungen schaffen es die Deutsche Bahn und andere Akteure der ÖV-Branche Verkehrspolitiker zu beeindrucken, die ihren Posten durch Partei- und/oder Regionalproporz bekommen haben.

Mit der Realität hat das alles nicht viel zu tun. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes sprechen seit Jahrzehnten eine klare Sprache: Der Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel am Modal Split ist auf konstant niedrigem Niveau. Hochrangige Branchenvertreter sagen gelegentlich, leider nur informell, dass der Modal Split nicht gesunken sei. Nun reichen rudimentäre Kenntnisse in Realschulmathematik völlig aus um zu wissen, dass es endloses Schrumpfen ebenso wenig gibt wie endloses Wachstum. Der Modal Split ist seit 1945 bis Mitte der 90er Jahre konstant zu Lasten der öffentlichen Verkehrsmittel gesunken und ist seitdem auf niedrigem Niveau stabilisiert. Die auch hier von der Deutschen Bahn genannten gestiegenen absoluten Fahrgastzahlen haben etwas mit dem gestiegenen Gesamtverkehrsaufkommen zu tun und sind mitnichten ein Beleg für vermeintlichen Erfolg.

Im Gegenteil: Hier wird jahrzehntelanges branchenweites Versagen als Erfolg verkauft, jetzt auch von der Deutschen Bahn. Dabei sind die eigenen Unternehmensziele längst andere. Das bei DB Regio seit Jahren ausgegebene Unternehmensziel Rendite vor Marktanteil ist ein klarer Beleg dafür, dass man das Interesse am von Rüdiger Grube immer wieder so bezeichneten „Brot- und Buttergeschäft“ verliert. Nach dem Abellio-Urteil kündigte man im Sommer 2011 zunächst an, dass man sich im SPNV künftig nur noch an einigen wenigen, sorgfältig ausgewählten Ausschreibungen beteiligen wird. Nun konnte man diese Unternehmespolitik auch auf gewerkschaftlichen Druck hin nicht so durchziehen, wie man es gerne gewollt hätte, aber das Ziel war klar: Die Rendite hat Priorität, wenn man sich im Einzelfall aus unternehmenspolitischen Gründen für Kampfpreise entscheidet, ist das die Ausnahme.

Aber angesichts der aktuell geringen Rendite im deutschen SPNV ist eine solche Entscheidung für die Deutsche Bahn vielleicht gar nicht die schlechteste. Sollen andere sich doch hier mit wettbewerbsaffinen Aufgabenträgern rumärgern, man selbst akquiriert ja nach wie vor hochlukrative (faktische) Direktvergaben, teilweise auch jenseits jedes Rechtsrahmens, wie jüngst in Sachsen-Anhalt. Das zeigt aber auch, dass der Bund seine Eisenbahnpolitik nicht der Deutschen Bahn AG überlassen darf. Diese hat, wie übrigens jedes kommunale Verkehrsunternehmen auch, ihre eigenen Ziele und Vorstellungen. Die deutsche Verkehrspolitik muss unabhängiger werden: Ja zum Primat der Politik, auch bei der Bahn.

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