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Die Grundlagen für Arbeit und Beschäftigung sichern

28.09.15 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Als die Nordwestbahn vor einigen Jahren erneut die Vergabe der nordrhein-westfälischen Emschertalbahn gewonnen hat, haben Vertreter der EVG vor der VRR-Zentrale demonstriert. Zwar seien gute Löhne mit der Nordwestbahn gewährleistet, allerdings hätte auch jemand anders gewinnen können, der vielleicht Dumpinglöhne gezahlt hätte.

Bemerkenswert ist dabei zunächst einmal folgendes: Die Linie war über mehrere Jahre hinweg stets von der kompletten oder teilweisen Abbestellung bedroht. Das ist der Grund, wieso die Vergabe immer nur über sehr kurze Zeiträume von einem oder zwei Jahren erfolgt ist. Das gewerkschaftliche Engagement für den Erhalt der SPNV-Verbindung insgesamt war, freundlich gesagt, nicht vorhanden. Gegen eine komplette Abbestellung und infolge dessen auch eine Schließung der Strecke hat sich von der EVG niemand engagiert.

Das hat sich in jüngster Vergangenheit allerdings zum positiven gewandt. Hier ist definitiv ein Erkenntnisprozess zu beobachten, wie es ihn in dieser Form bei Gewerkschaften nur selten gibt: Man hat erkannt, dass möglichst viel Eisenbahnverkehr die Grundlage für Arbeit und Beschäftigung erweitert und dass Abbestellungen selbige verkleinern.

Von dieser Erkenntnis ausgehend ist es notwendig, dafür zu sorgen, dass der spezifische Zuschussbedarf pro Platz- oder Zugkilometer so gering wie möglich sein muss, damit der Aufgabenträger mehr Leistungen bestellen kann: Denn dem SPNV steht nur ein bestimmtes Budget zur Verfügung. Das muss reichen, einen Nachschlag gibt es nicht. Wenn es aufgebraucht ist, wird es im nächsten Jahr weniger Leistungen geben. Wenn die Verkehrsverträge so strukturiert sind, dass für zu hohe Abbestellvolumina Entschädigungen fällig werden, dann müssen diese ebenfalls mit Abbestellungen finanziert werden.

Vor diesem Hintergrund muss eine wirtschaftliche Vergabe im Interesse aller, auch der Arbeitnehmer sein. Was hier aber gefordert wird, setzt gegenteilige Effekte frei: Was passiert denn, wenn DB Regio dem fiktiven Ausschreibungsobjekt „RE-Stern Musterstadt“ 500 Personen zuordnet, im Betriebskonzept anderer Bewerber aber nur jeweils rund 350 Personen benötigt werden? Dann hätte DB Regio die Möglichkeit, die eigenen Ineffizienzen auf andere Betreiber abzuwälzen.

Ziel wettbewerblicher Vergaben ist es aber, den wirtschaftlichsten Betreiber zu finden, so dass Zuschussbedarf sinkt. Im Gegenzug kann man dann aus Ausschreibungsersparnissen Leistungsausweitungen finanzieren, die Grundlage für Arbeit und Beschäftigung würde dann verbreitert werden.

Ganz zu schweigen davon, dass hier sowieso eine Phantomdiskussion geführt wird. Im Jahr 2013 waren von 20.000 DB-Lokführern 115 Personen von einem Ausschreibungsverlust betroffen: Ihre Planstelle musste gestrichen werden. 27 davon wechselten tatsächlich zum neuen Betreiber, 34 wurden überregional versetzt. Diese Zahlen hat die DB AG in einer Auseinandersetzung um den Zukunftstarifvertrag mit der GDL Anfang 2014 selbst veröffentlicht. Die fragliche Pressemeldung ist allerdings inzwischen wieder aus dem Internetverschwunden. Schade!

Siehe auch: Debatte um Personalübergang

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