Abellio plant umfassende Strukturreform
23.11.20 (Baden-Württemberg, go.Rheinland, Nordrhein-Westfalen, NWL, Sachsen-Anhalt, Thüringen, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld
Bei Abellio Deutschland plant man eine umfassende Umstrukturierung des Konzerns. Die vier Geschäftsgesellschaften Abellio Rail NRW, Abellio Rail Baden-Württemberg, Abellio Rail Mitteldeutschland und WestfalenBahn sollen im Laufe des kommenden Jahres zur Abellio Rail GmbH zusammengefasst werden. Die WestfalenBahn bleibt als Marke des Konzerns erhalten. Die PTS GmbH als Dienstleister im Reinigungs- und Sicherheitsbereich bleibt weitgehend eigenständig unter dem Dach des Konzerns erhalten.
Auf Anfrage der Zughalt-Redaktion heißt es: „Der Wettbewerb und der Betrieb auf der Schiene in Deutschland ist derzeit sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Die wirtschaftliche Situation ist für alle nicht bundeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen in der SPNV-Branche sehr schwierig. Dies betrifft neben den täglichen Herausforderungen im Betrieb die unvorhersehbaren Kostenentwicklungen infolge der tarifvertraglichen Anpassungen seit Dezember 2016 (Personalmehrbedarf), der daraus resultierenden notwendigen und kostenintensiven Personalgewinnung bzw. -qualifizierung (Ausbildungskosten) sowie der massiven Belastung der EVU durch steigende Baumaßnahmen an der Schieneninfrastruktur (Pönalisierung).“
Dieses Thema beschäftigt Abellio ebenso wie die übrige Branche, worauf auch der Verband Mofair hinweist. „Neben Gesprächen mit den Aufgabenträgern zu den externen Kostenfaktoren ergreift Abellio aber auch eigene Maßnahmen, um langfristig erfolgreich sein zu können: Wir streben eine Betriebsänderung zur Einführung einer standortübergreifenden, funktionalen Führung sowie eine Verschmelzung der vier operativen Regionalgesellschaften an“, so heißt es in der Stellungnahme aus der Abellio-Zentrale weiter.
„Im Detail: Die allgemeine Situation in der wettbewerbsintensiven SPNV-Branche zwingt dazu, dass wir mit unseren Ressourcen mehr denn je gut haushalten und weitere Potenziale heben, indem wir enger zusammenrücken. Es gilt, durch gemeinsames, überregionales Agieren verstärkt Synergien zu erzielen. Entsprechende erste Maßnahmen hat Abellio bereits im Frühjahr 2019 eingeleitet, indem standortübergreifend Ressourcen gebündelt wurden.“
Mit dem Projekt A2020+, das Abellio im Januar 2020 auf den Weg brachte, wird auf Basis von optimierten, standortübergreifenden Prozessen nun die Struktur des Unternehmens unter Einbeziehung von Sozialpartnern und Mitarbeitern neu ausgerichtet. Der Entwurf der angestrebten Unternehmensstruktur fußt auf dem Prinzip der zentralen und funktionalen Führung. Ziel ist es dabei, künftig in fachlichen Funktionsbereichen standortübergreifend zu agieren, um eine effiziente Umsetzung kostenoptimierter und einheitlicher Prozesse in allen Regionen sicherzustellen.
Seit August 2020 befindet sich Abellio mit den Sozialpartnern über die Ausgestaltung der angestrebten Organisationstruktur in Abstimmung. Auch mit den Aufgabenträgern befindet man sich derzeit in Gesprächen zur angestrebten Neuaufstellung. Je nach Verkehrsvertrag ist eine Information bzw. Zustimmung notwendig. „Wir sind optimistisch, dass die entsprechenden Zustimmungen zeitnah vorliegen werden“, so heißt es bei Abellio.
Der Weg erfolgt dabei in zwei Schritten: Zu Beginn des Jahres 2021 soll die standortübergreifende Führungsstruktur eingeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Verhandlungen mit den Sozialpartnern erfolgreich abgeschlossen wurden. Mit den Gewerkschaften pflegt Abellio einen fortwährenden Austausch. Über die detaillierte Ausgestaltung der künftigen Tarifverträge wird im Rahmen der turnusmäßigen Verhandlungsrunden gesprochen. Abellio ist konzernweit Tarifpartner sowohl der EVG als auch der GDL.
Man verfügt zudem seit einigen Jahren über ein Mobifair-Zertifikat als besonders guter Arbeitgeber. Bis Mitte 2021 sollen dann die vier bestehenden operativen Gesellschaften verschmolzen werden. „Wir sind davon überzeugt, auf diesem Weg einen wichtigen Beitrag für einen kosteneffizienten und qualitativ hochwertigen SPNV und damit auch für den künftigen Wettbewerb trotz der schwierigen Zeiten in der SPNV-Branche zu leisten“, so heißt es bei Abellio abschließend.
Abellio wurde im Jahr 2003 als Expansionsgesellschaft der damaligen Essener Verkehrs AG gegründet und 2008 an die Nederlandse Spoorwegen verkauft. Das Unternehmen ist bundesweit tätig und laut Mofair zusammen mit Transdev bei einem Marktanteil von 6,9 Prozent bei den Zugkilometern die größte NE-Bahn hinter DB Regio.
Siehe auch: Goede Rit auf deutscher Schiene