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Goede Rit auf deutscher Schiene

23.11.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Overhead- und Verwaltungskosten sind nicht nur in der Eisenbahnbranche oft ein entscheidender Faktor für die Marktfähigkeit eines Unternehmens. Gerade wenn man mehrere untereinander verbundene Konzerngesellschaften mit einem einheitlichen Markenauftritt hat, muss man sich fragen, ob eine Fusion dieser Einheiten nicht das sinnvollste ist. Im Vergleich beispielsweise zu Transdev oder Netinera tritt man bundesweit unter dem Namen Abellio auf, man hat also eine bereits eingeführte und etablierte Marke.

Mit der WestfalenBahn, die aus historischen Gründen (das Unternehmen wurde erst 2017 vollständig von Abellio übernommen) unter ihrem alten Namen fährt, kann man ja weitermachen: Wenn auch nicht mehr als eigene GmbH, sondern als regionaler Markenname. Jetzt gibt es natürlich Nachteile, die eine solche Fusion mit sich bringt: In einem bundesweit aktiven Großunternehmen haftet „jeder für jeden“, so kann es durchaus sein, dass der defizitäre Unternehmensteil A den auskömmlich finanzierten Unternehmensteil B mit nach unten reißt.

Aus solchen Gründen gibt es beispielsweise in Großbritannien die Regel, dass man für jedes operative Netz eine eigene Gesellschaft gründen muss. Hier ist klar: Jedes Netz muss aus sich heraus auskömmlich finanziert sein, aber wenn es das in einem Fall nicht ist, so können andere Vergabeobjekte nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Allerdings: Diese grundsätzliche Regelung gibt es in Deutschland nicht, statt dessen wird sogar darüber diskutiert, ob ein Vergabenetz selbst aus sich heraus auskömmlich sein muss oder ob es erlaubt sein soll, dass beispielsweise DB Regio das lukrativ direkt vergebene Teilnetz A nutzt, um das in Kampfpreisen errungene Teilnetz B zu refinanzieren.

Viele Aufgabenträger möchten das nicht und verlangen, sicher aus gutem Grund, dass so ein Netz aus sich heraus tragfähig sein muss. Von daher kann ich auch verstehen, wenn der eine oder andere Besteller so ohne weiteres nicht sofort zustimmen möchte, wenn man statt einer regionalen GmbH einen bundesweit aktiven Auftragnehmer hat, der sich zudem vorbehält, in ganz Deutschland jederzeit weiter zu expandieren.

Und doch ist es am Ende im Interesse aller, wenn ein Unternehmen sich soweit restrukturiert, dass man langfristig für den deutschen Markt gut aufgestellt ist. Denn eins ist auch klar: Die Voraussetzungen zum Betrieb von Eisenbahnleistungen haben sich bundesweit in den letzten Jahren stark verändert. Vor einigen Wochen hat der VRR, wo Abellio stets zu den Qualitätsführern gehört, dargelegt, wie sehr sich die Bauaktivitäten vervielfältigt haben.

Entsprechende Folgekosten sind entstanden. Die Lohnkosten spielen auch eine große Rolle – wohl wissend, dass nur stark gestiegene Löhne oder attraktive Freizeitmodelle ausreichend Personal gewährleisten. Hier sind also die Aufgabenträger auf ganz vielfältige Art und Weise gefordert, sich zu beteiligen. Denn eins wollen alle: Die Zahl der Akteure im Markt muss groß bleiben, um den Wettbewerb und seine effizienten Strukturen weiterhin zu erhalten.

Siehe auch: Abellio plant umfassende Strukturreform

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