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VCD: Kopfbahnhof 21 schlägt Stuttgart 21 bei Reisezeiten

27.09.11 (Stuttgart) Autor:Niklas Luerßen

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert angesichts der Sitzung des Verkehrsausschusses des Verbands Region Stuttgart (VRS) am morgigen Mittwoch dazu auf, „klar vorhersehbare Verschlechterungen“ für die überwiegende Mehrzahl der S-Bahn-Fahrgäste durch Stuttgart 21 (S 21) zu verhindern. Wie erst letzten Sonntag Abend durch ein Dokument des Landesverkehrsministeriums bekannt wurde, wurden bereits vor einem Jahr durch das Schweizer Verkehrsgutachterbüro SMA im Auftrag des Landes die Reisezeiten sowohl für S 21 als auch des modernisierten Kopfbahnhofs (K 21) untersucht. Dabei lag der Nutzen beim K 21-Konzept für viele Fahrgäste eindeutig vorne, wobei S 21 hingegen besonders für die S-Bahn-Nutzer Fahrzeitverlängerungen bringt.

Matthias Lieb, Landesvorsitzender des VCD, kommentierte dies so: „Es spricht mal wieder für sich, dass die frühere Landesregierung diese Ergebnisse nicht kommuniziert hat und wider besseren Wissens die Öffentlichkeit mit falschen Zahlen zu Stuttgart 21 täuschte. Während der Schlichtung beklagte der Vertreter der Landesregierung die vermeintlichen Fahrzeitverlängerungen bei Kopfbahnhof 21, während tatsächlich Stuttgart 21 hinter dem modernisierten Kopfbahnhof beim Reisezeitvergleich zurück bleibt.“

Untersucht wurden vor allem Reisezeiten von 38.220 Verbindungen zwischen 196 Bahnhöfen in Baden-Württemberg, besonders in den Gebieten zwischen Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Pforzheim, Horb, Tübingen, Ulm, Aalen und Crailsheim. Dabei wurden die Reisezeitverlängerungen durch S 21 und K 21 im Vergleich zum heutigen Fahrplan pro Strecke mit der Anzahl der täglichen Fahrgäste zwischen diesen Stationen (ca. 400.000 Fahrgäste) gewichtet ermittelt.

Die detaillierte Untersuchung von SMA zeigte die Vorteile eines Integralen Taktfahrplans (ITF) auf, der allerdings nur mit entsprechenden Kapazitäten im Kopfbahnhof umsetzbar sei. Lieb: „Das Kopfbahnhofkonzept ist wegen besserer Anschlussmöglichkeiten zwischen den Zügen ausgeglichener als Stuttgart 21: 13% der Fahrgäste profitieren von spürbaren Verbesserungen, nur 6% müssen tatsächliche Verschlechterungen in Kauf nehmen.“

Es profitieren bei S 21 zwar etwas mehr Fahrgäste von Fahrzeitverkürzungen, allerdings verlängere sich für mehr als doppelt so viele Fahrgäste (51.000 zu 25.000) die Reisezeit. Damit führt das insgesamt zu einem schlechteren Gesamtergebnis für S 21 im Vergleich zu K 21. Der VCD hält das Ergebnis für bemerkenswert: „Das Konzept Kopfbahnhof 21 führt unter Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrgäste je Relation zu einer Fahrzeitverkürzung um 3,6%. Bei Stuttgart 21 liegt dieser Wert jedoch nur bei 2,0%“, so Lieb. Statistisch betrachtet wären Fahrgäste bei K 21 54, bei S 21 allerdings nur 30 Sekunden schneller am Ziel als heute. Damit stünde laut VCD den Milliardenkosten und -risiken bei S 21 kein vernünftiger Gegenwert in Form von Fahrzeitverkürzungen gegenüber.

Bei der S-Bahn und beim sehr bedeutenden Halt Bad Cannstatt treten die negativen Folgen durch S 21 besonders auf. „Da die allermeisten Fahrgäste in der Region mit der S-Bahn unterwegs sind, werden sie diese Nachteile auch massiv zu spüren bekommen“, kritisierte Lieb die Mängel. Daher fordert der VCD den VRS als Aufgabenträger der S-Bahn Stuttgart dazu auf, die Verschlechterungen derer Kunden durch S 21 zu verhindern, denn „noch ist es nicht zu spät, die Fakten endlich zur Kenntnis zu nehmen und zur Vernunft zu kommen“.

Das Gesamtergebnis des Reisezeitvergleichs sei umso überraschender, weil SMA nach bisheriger offizieller Kommunikation schon zwei Jahre lang den Fahrplan für S 21 optimiert hatte, währenddessen ein Fahrplankonzept für K 21 nur kurzfristig und innerhalb von drei Wochen, und zwar während der Schlichtung, überwiegend ehrenamtlich erarbeitet und noch gar nicht weiter verbessert wurde.

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