Bundesrat billigt in einer Stellungnahme den Linienbus-Fernverkehr
24.09.11 (Fernverkehr) Autor:Jürgen Eikelberg
In der gestrigen Sitzung des Bundesrates wurde der Gesetzentwurf zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vorgelegt. Darin geht es vor allem auch um die Liberalisierung des Busfernlinienverkehrs und die Beendigung eines 80 Jahre alten Monopolvorrangs für die Bahn. Der Bundesrat hat Änderungen an der bestehenden Rechtslage in seiner Stellungnahme grundsätzlich gebilligt, damit ist nun die erste parlamentarische Hürde genommen.
„Ich begrüße die vorgesehene Öffnung des Marktes im Busfernverkehr. Die von uns seit langem geforderte Liberalisierung wird nun für die Bürger im Fernverkehr zu einem besseren Angebot zu günstigeren Preisen führen“, so der sächsische Verkehrsminister Sven Morlok (FDP).
Es sei nicht Aufgabe des Staates, ein global agierendes privatwirtschaftliches Unternehmen vor Wettbewerb zu schützen, so Morlok weiter: „Mit der Freigabe des Busfernlinienverkehrs bekommt jeder Reisende eine echte Alternative zu Bahn oder Auto. Außerdem können so auch sächsische Regionen noch besser angebunden werden.“
Der Sächsische Landtag hatte im Jahr 2010 die Staatsregierung zum Thema Busfernverkehr aufgefordert, sich auf Bundesebene für fairen Wettbewerb der Verkehrsträger einzusetzen, um mehr attraktive Verkehrsangebote zu ermöglichen.
Das bisherige Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ist ein Bundesgesetz, es geht zurück auf das am 4. Dezember 1934 im RGBl. I S. 1217 (Reichsgesetzblatt) verkündete Gesetz, das in Bundesrecht übernommen wurde. Danach müssen Verkehrsunternehmen ihre Buslinien genehmigen lassen. Genehmigungsbehörde in Sachsen sind die Landesdirektionen. Sie prüfen neben der Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebes, der persönlichen Zuverlässigkeit und der fachlichen Eignung des Unternehmers auch, ob öffentliche Verkehrsinteressen beeinträchtigt werden. Die Deutsche Bahn hat ein Vetorecht. Der Gesetzentwurf aus dem Bundesverkehrsministerium will den Busfernlinienverkehr jetzt weitgehend liberalisieren. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass auf Antrag bei der jeweiligen Genehmigungsbehörde Busunternehmen Fahrten auf praktisch allen Strecken anbieten können. Es sollen weder die Zahl der Haltestellen beschränkt noch Strecken in bestimmten Regionen ausgeschrieben werden.
Edmund Lauterbach
24.09.11 um 21:08
Herrn Morlocks „Leistungen“ für den Öffentlichen Verkehr in Sachsen sind ja bekannt.
Warum Fernbus-Liberalisierung in der von ihm so gelobten Form eben doch schädlich ist – nicht nur für die Bahn, sondern auch für den Steuerzahler – kann man u.a. auf
http://www.zukunft-mobilitaet.net/6003/
nachlesen.
Der Verkehrsausschuss hat sich im Übrigen gegen den Gesetzesentwurf ausgesprochen.
(Quelle)
Zum Glück ist etwas über Fahrgastrechte reingerutscht:
(Quelle)
Mehr unter TOP45 auf
http://www.bundesrat.de/nn_2034972/DE/parlamentsmaterial/to-plenum/886-sitzung/to-node.html
Edmund Lauterbach
24.09.11 um 21:10
Ich weiß auch nicht, warum Zitate hier nur in Großbuchstaben kommen, und warum es hier keine Vorschaufunktion gibt …
Jürgen Eikelberg
24.09.11 um 21:25
@ Edmund Lauterbach
Ich habe die Kommentare berichtigt. Es fehlte das „blockquote“
Karsten Loeft
24.09.11 um 22:14
Für den „Steuerzahler“ mag es vorteilhaft sein, wenn die von ihm finanzierte Bahn ein Monopol hat, das es ihr ermöglicht, Fahrgäste beinahe nach Belieben auszunehmen. Für diejenigen, die auf den öffentlichen Verkehr angewiesen sind, ist diese Situation aber unzumutbar, weil sie dadurch in ihrer Mobilität massiv beeinträchtigt werden. Es ist Tatsache, daß sich viele Millionen Menschen in Deutschland die Mondpreise der Bahn schlicht nicht leisten können. Die Fernbusliberalisierung beseitigt nun immerhin viele der schlimmsten Auswüchse dieses Systems.
Die falsche Vorstellung, die Fahrgäste über die Fahrpreise nach Belieben zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs heranziehen zu dürfen, hat dazu geführt, daß die Nutzung des öffentlichen Verkehrs für große Teile der Bevölkerung nur in Notsituationen vorstellbar ist, was wiederum wirksam verhindert, daß der öffentliche Verkehr jemals breitere Akzeptanz erfährt. Das kommt dabei heraus, wenn sich die Bahn- und ÖPNV-Lobby in Sachen Fahrpreise zum Anwalt der „Steuerzahler“ macht statt zum Anwalt der Fahrgäste.
Edmund Lauterbach
25.09.11 um 13:21
Also, natürlich könnte alles billiger sein – von der Semmel bis zum Spritpreis. Und natürlich wäre es schön, wenn die Fahrpreise bei der Bahn und im sonstigen Öffentlichen Verkehr niedriger wären.
Ich halte aber in diesem Bezugsrahmen die Bahnpreise nicht für überteuert. Dann muss man sich schon eher fragen, ob das ok ist, was so mancher Verbund auf kürzeren Strecken nimmt.
Natürlich würde ich mir auch ein flacheres Tarifsystem mit günstigeren Grundpreisen und weniger Rabatten wünschen. Aber im Durchschnitt mit Bahncard und Rabatten sind die Preise im Fernverkehr sicherlich keine Mondpreise.
Wenn überhaupt vergrätzt die DB die Kunden durch ihr unübersichtliches Preissystem. Das wird aber alles durch das Hinzufügen der Komponente Fernbus nicht übersichtlicher.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass bei den praktisch nicht vorhandenen Fahrgastrechten die Fernbus-Mitfahrer zufriedener sein werden, wie die Kunden von Bahnunternehmen. Sie werden nur weniger auffallen, weil sie weniger sind, und sich nicht wirklich jemand dafür interessieren wird.
Stefan Hennigfeld
25.09.11 um 13:32
Tja, das mit den Verbundtarifen ist so eine Sache. Viele Verkehrsverbünde lassen die Fahrgäste für die eigene Mißwirtschaft bezahlen. Und dann gibt es noch Aufgabenträger, die so eine Art Notfallfonds für andere Aufgabenträger sind. Nicht daß ich Namen nennen möchte, aber ich glaube Du weißt, welche ich meine.