Güterverkehr wegen Strommangel gestoppt
28.03.22 (Güterverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Am Morgen des vergangenen Mittwochs (23. März) wurde der Güterverkehr in weiten Teilen Deutschlands pauschal stillgelegt. Die Fahrdienstleiter des Bundesunternehmens DB Netz AG erhielten die Anweisung, Güterzüge auf das nächste Abstellgleis einfahren zu lassen und dort festzuhalten. Auslöser war die Meldung des ebenfalls bundeseigenen Bahnstromnetzbetreibers DB Energie, dass Wartungsarbeiten in verschiedenen Kraftwerken und ein anschließender Kraftwerksausfall zu einer Unterversorgung des Stromnetzes führten.
Die Güterbahnen wurden vom Eingriff in den geplanten Verkehr begreiflicherweise überrascht und fordern eine unabhängige Prüfung dieser Angaben. Sollte zudem zutreffen, dass einseitig Güterverkehre angehalten wurden, will das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen die Bundesnetzagentur einschalten.
Peter Westenberger, Geschäftsführer des Verbandes: „Sollte die DB pauschal den Güterverkehr angehalten haben, wäre das ein absolutes Novum. Wir werden die Bundesnetzagentur einschalten, um das aufzuarbeiten und eine Wiederholung definitiv zu verhindern. Der Güterverkehr ist nicht der Wurmfortsatz der Eisenbahnbranche, er ist systemrelevant für die Industrienation und die Versorgung der Bevölkerung. Große Teile unserer Verkehre haben heutzutage ähnliche Pünktlichkeitsanforderungen wie der Personenverkehr. Unsere industriellen Kunden haben keinerlei Verständnis für mehrstündige Verspätungen.“
Westenberger: „Gerade im kombinierten Verkehr zerstören schon länger Probleme mit Verfügbarkeit des Schienennetzes die mühsam geplanten Umläufe der Züge und Personalplanungen, teils mit wochenlangen Folgewirkungen. Das darf sich nicht auf die Stromversorgung ausweiten. Der Schienengüterverkehr muss verlässlich sein und verträgt keine weiteren Strapazen seitens der Infrastrukturbetreiber, sonst werden sich die Kunden abwenden und die Ladung auf die Straße gehen. Die DB muss so oder so eine schnelle Regulierung der bei den Betroffenen entstandenen Schäden gewährleisten.“
Die Netzfrequenz im Bahnstromnetz (abweichend vom öffentlichen Netz 16 2/3 Hz) muss durch die Netzleitstelle der DB Energie in engen Toleranzen gesichert werden. Dafür müssen der Bedarf und die Einspeisung kontinuierlich ausgeregelt werden. In den bisher äußerst seltenen Fällen des Ausfalls eines Teils der Einspeisung (Kraftwerk, Umrichter) muss der Verbrauch entsprechend bei den drei Verkehrsarten Personenfern-, Personennah- und Güterverkehr abgesenkt werden.
Selbstverständlich gibt es auch Transporte, die bei akutem Strommangel etwas verschoben werden können. Die Notfallplanung der DB Energie muss allerdings differenziert vorgehen. Mit der Steuerung der energieintensiven Anfahrts- und Beschleunigungsprozesse, der Höchstgeschwindigkeit gerade bei ICE-Zügen, Fahrempfehlungen, der Schwächung und dem Ausfall schwach ausgelasteter Zügen oder der Verschiebung von Leerfahrten stehen ausreichend Mittel zur Steuerung bereit.
Foto: Deutsche Bahn AG / Georg Wagner