Auch bei der Tram marktwirtschaftliche Wege gehen
31.07.17 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Es ist natürlich im Rahmen des Rechts möglich, seine (kommunalen) Schienenleistungen an einen internen Betreiber zu vergeben. Ein Unternehmen, das vollständig im Eigentum der Gebietskörperschaft ist und das von dieser kontrolliert werden kann, wie eine eigene Dienststelle. Auch Marktteilnahmen an anderer Stelle sind nicht erlaubt.
Über die Frage, ob kommunale Verkehrsunternehmen wirklich kontrollierbar sind oder nicht doch ein Eigenleben haben, ist schon oft, aber dennoch viel zu selten gesprochen worden. Auch wenn es die üblichen Verdächtigen einmal mehr nicht hören wollen, aber selbstverständlich ist die Trennung zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und verschiedenen privaten Auftragnehmern sinnvoll.
Das gilt für den SPNV ebenso wie für die kommunale Schiene, denn selbstverständlich können Unternehmen wie Abellio, DB Regio, die Eurobahn und viele, viele andere ebenso Tramleistungen fahren wie sie Eisenbahnleistungen fahren können. Das Festhalten an der AVG ist daher nicht mit dem üblichen Blabla von technischen Besonderheiten und ähnlichem zu begründen.
Großbritannien macht es vor: Natürlich könnte man sich auch dort hinstellen und behaupten, dass die Metrolink in Manchester aus technischen Gründen nur von den Stadtwerken Manchester betrieben werden könnte, aber dort würde niemand solche etatistischen Parolen für voll nehmen. Und auch die Karlsruher tun sich – ebenso wie alle anderen Groß- und Kleinstädte mit ihren Verkehrsmonopolisten – keinen Gefallen, wenn sie die Leistungen direkt vergeben.
Niemand weiß, wieviel Geld sich sparen lässt, wenn die Aufträge wettbewerblich vergeben werden. Aber gerade wenn man größere Stadtbahnnetze hat, bei denen eine Aufteilung in Lose möglich ist, dürfte die Zahl der Bewerber nicht gering sein. Warum auch? Dazu kommt, dass sich Stadtbahnsysteme hervorragend dazu eignen, das in Nordrhein-Westfalen entwickelte Lebenszyklusmodell anzuwenden.
Man beschafft moderne Triebzüge und beauftragt den Hersteller mit der Wartung. Alternativ lassen sich die Instandhaltungsleistungen auch separat vergeben. Wenn man ein relativ kleines Netz hat oder eins, in dem ein gemeinsamer Fuhrpark für mehrere Auftragslose nicht sinnvoll erscheint, lässt sich auch die Anschaffung der Fahrzeuge nach anderen Finanzierungsmodellen prüfen.
Dabei kann sich natürlich auch ein privatisiertes oder ehemaliges Kommunalunternehmen beteiligen. Eine flächendeckende Marktöffnung der BOStrab-Schiene wäre nicht zwingend das Ende dieser Unternehmen. Natürlich kann das im Einzelfall bedeuten, dass besonders unwirtschaftliche und nicht sanierungsfähige Betriebe am Markt überhaupt nicht bestehen können – aber um die wäre es im Interesse von Qualität und Leistung im Schienenverkehr auch nicht schade.
Aber privatisierte Big Player im kommunalen Bereich könnten zu ganz normalen Marktakteuren werden, und das bei Tram und Eisenbahn. Es ist also an der Zeit, sich von altem Denken zu verabschieden und marktwirtschaftliche Wege zu gehen. Auch wenn man dafür dicke Lobbyistenbretter bohren muss.
Siehe auch: Karlsruher Vergabemodell steht fest