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Der Unterschied zwischen Schiene und DB AG

26.06.14 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Ich kritisiere an dieser und anderer Stelle sehr häufig die oft unreflektierten Forderungen nach mehr öffentlichen Geldern für die Schiene oder das ÖV-Gesamtsystem. Es gibt dort Probleme, die andere Ursachen als Unterfinanzierung haben. Wenn aber zwischen 2006 und 2013 die Investitionen in die Bundeswasserstraßen um 86 Prozent, in die Bundesfernstraßen um fünfzig Prozent und in die Schiene um nur zwei Prozent steigen, dann ist ein Zustand erreicht, der so nicht mehr akzeptabel ist. Warum ausgerechnet die Schiene so ein schlechtes Standing hat, ist auch nicht mehr rational zu erklären. Die Eisenbahn hat dieselbe Daseinsberechtigung wie andere Verkehrswege auch.

Es gibt jedoch einen Punkt der strukturellen Benachteiligung im Wettbewerb der Verkehrsträger, über den leider nur sehr selten gesprochen wird. Die öffentliche Hand sorgt für eine bedarfsgerechte Finanzierung der Straßen und Wasserstraßen. Selbst desolate Stadtstraßen konnten von Konjunkturprogrammen und ähnlichem seit 2006 profitieren. Die Schiene hingegen ist die einzige Verkehrsinfrastruktur in Deutschland, die erhebliche Renditen zugunsten der DB Netz AG bzw. der Deutschen Bahn AG „erwirtschaften“ muss. Trotz des jüngst erlittenen Gewinneinbruchs bei der Deutschen Bahn, der ja vermutlich auch noch eine Weile länger anhalten wird, ist und bleibt DB Netz der lukrativste Bereich für den Konzern und das wird auch in den kommenden Jahren so bleiben.

Das ist gut für die Deutsche Bahn und auch politisch gewollt, denn sie kann ihre Investitionen im In- und Ausland durch Monopolgewinne aus dem deutschen Eisenbahnnetz absichern. Das ist die Grundlage für den Status, den die Deutsche Bahn nach dem Willen der Bundesregierung hat, nämlich ein internationaler Big Player zu sein. Bereits der angekündigte Marktaustritt aus dem nordrhein-westfälischen SPNV zeigt, dass Rüdiger Grube es mit der Ansage, der inländische Eisenbahnverkehr in Deutschland sei das „Brot- und Buttergeschäft“ des Konzerns nicht so ernst gemeint haben kann. Somit hat die Eisenbahninfrastruktur im DB-Konzern eine andere Funktion als sie es eigentlich haben sollte, nämlich das Erfüllen gemeinwirtschaftlicher Aufgaben und die Grundlage für ökonomische Prosperität und Wohlstand zu schaffen.

Deswegen ist die öffentliche Infrastruktur kein Renditeobjekt, sondern Gelder, die mit dem Betrieb ebenjener Infrastruktur vereinnahmt werden, müssen dort auch zur Reinvestition verbleiben. Interessant wäre eine Rechnung, die es bedauerlicherweise nicht gibt, wie die Investitionsentwicklung zwischen 2006 und 2013 wäre, wenn die jeweils abgeführten Gewinne für neuerliche Investitionen genutzt worden wären. Es ist bedauerlich, dass die „üblichen Verdächtigen“, ob Allianz pro Schiene, VDV oder die Eisenbahnergewerkschaften diesen Punkt nie thematisieren. Denn gerade jetzt stünde zu befürchten, dass höhere öffentliche Zuwendungen am Ende in höheren Gewinnabführungen münden. Im Interesse der Schiene sind hier andere Dinge zu tun als das, was im Interesse der Deutschen Bahn AG getan wird. Das müssen sich auch die Akteure der Eisenbahnbranche verdeutlichen.

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