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Warum die Bahn nicht an die Börse gehört

20.02.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wir machen jetzt eine gedankliche Zeitreise, zurück in den Herbst 2008. Deutschland wurde von einer großen Koalition regiert und der Bahnchef hieß Hartmut Mehdorn. Im Oktober sollte die DB Mobility Logistics AG auf dem Weg einer Kapitalerhöhung teilweise an der Börse verkauft werden. Die Verkehrssparten, so hieß es damals unisono, bräuchten „dringend frisches Kapital“ (gibt es eigentlich auch gammeliges Kapital?) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnte in einem ARD-Interview davor, dass die Bahn, wenn man sie nicht verkauft, künftig nur noch als, und diese Wortschöpfung tätigte sie wirklich, „Unterunterauftragnehmer“ arbeiten würde.

Aufgrund der Finanzmarktturbulenzen wurde der Börsengang kurzfristig abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben, im Frühjahr 2009 fiel Hartmut Mehdorn über die Machenschaften seiner Konzernsicherheit, die mit Compliance, Ethik oder der bloßen Einhaltung arbeits- und datenschutzrechtlicher Grundsätze nicht ansatzweise mehr was zu tun hatte. Nur, was folgte danach? Die ICE3-Flotte lag zeitweise über Monate still, das Zulassungsdesaster mit dem E-Talent 2 ging richtig schwer ins Geld und aufs Image, mit dem Abellio-Urteil wurde DB Regio der Möglichkeit geraubt, lukrative Direktvergaben zu akquirieren und die Auslieferung des „neuen“ ICE 3, also der Baureihe ET 407 stockt, während der ICx ebenfalls ein Dauerthema ist. Mit anderen Worten: Der Aktie der Deutschen Bahn wäre wohl ähnliches passiert, wie es zuvor mit der Aktie der artverwandten Deutschen Telekom passiert ist. Es hätte einen freien Fall gegeben und mit etwas Pech wäre aus der „Volksaktie“, dem „Witwen- und Waiseninvest“ ein reines Zockerpapier geworden.

Und jetzt bricht der Bahn der Gewinn ein. Natürlich hat das eine Menge Ursachen, aber es zeigt, dass eine mehrjährige Phase ohne (ausschüttungsfähigen) Gewinn bei einem Unternehmen wie der Deutschen Bahn AG nicht nur möglich, sondern im Laufe der Jahre auch sehr wahrscheinlich ist. Ja, die Bahndividende, die den Konzern jetzt zwangsweise belasten wird, wurde erst von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossen. Die Ausschüttung von Dividenden muss aber in der mittelfristigen Finanzplanung ohnehin vorgesehen gewesen sein, denn man ging ja fest vom Börsengang aus. Das von der SPD kurzfristig aus dem Hut gezauberte Modell sogenannter „Vorzugsaktien“, die zwar kein Stimmrecht, dafür aber Ansprüche auf Gewinnausschüttungen hätten, wäre hier gescheitert. Aber gut, das sind Konzepte von gestern.

Was wir heute haben ist ein eingebrochener Gewinn und die Frage, was denn eisenbahnpolitisch künftig passieren soll. Das Konzept immer weiter steigender Gewinne funktioniert nicht und wenn die Bahndividende auch bei weniger Gewinn erhöht werden soll, dann drohen hier schwere Rückfälle in alte Zeiten. Schon jetzt ist die DB AG hoch verschuldet und die Tilgung kommt deutlich langsamer voran. Ein Teil stammt sicher aus der Beseitigung investiver Altlasten der Behördenbahn und doch wird es Zeit, das Konstrukt zu überdenken, wonach die Bahn dem Bund Geld zum Stopfen von Haushaltslöchern zahlt.

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