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Stimmen zum vierten Eisenbahnpaket

04.02.13 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Das vierte Eisenbahnpaket steht im großen und ganzen: Es wird zwar weiterhin möglich sein, Verkehrs- und Infrastruktursparten unter dem Dach eines Konzerns zu halten, jedoch werden strenge Auflagen damit verbunden. Der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag zwischen der Deutschen Bahn AG und der DB Netz AG kann so ohne weiteres nicht bestehen bleiben, die Finanzströme müssen getrennt werden. Das bedeutet einerseits, dass Gewinnabführungen an den Mutterkonzern nicht mehr möglich sind, andererseits sind jedoch auch Investitionen des Konzerns problematisch. Wie das in der Praxis aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Alexander Kirfel, Geschäftsführer beim Netzwerk Europäischer Eisenbahnen: „Grundsätzlich begrüßen wir das vierte Eisenbahnpaket als wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Wir bedauern aber, dass die Kommission vor dem starken politischen Druck aus Deutschland einknicken musste. Die Deutsche Bahn AG beglückwünsche ich an dieser Stelle ausdrücklich für ihre ausgezeichnete Lobbyarbeit. In der Möglichkeit der Beibehaltung des Holding-Modells sehen wir eine große Gefahr: Die EU-Kommission fordert in diesem Fall zwar den Einzug von strikten „Chinese Walls“. Es steht aber zu befürchten, dass die Maßnahmen, die die Europäische Kommission bei Zuwiderhandlung treffen kann, in der Realität zu einem stumpfen Schwert werden. Es muss daher zusätzlich auch noch eine starke Regulierung auf europäischer Ebene geben, die unabhängig von der politischen Großwetterlage in den einzelnen Staaten ist.“

Radikalkritik am vierten Eisenbahnpaket kommt von der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag. Die verkehrspolitische Sprecherin Sabine Leidig geht darauf ein, dass in Großbritannien „die Zerstückelung und Privatisierung des Eisenbahnsystems zu schlimmen Unglücken, Chaos und einer Servicewüste geführt“ habe und verweist darauf, dass dort heute doppelt so hoher Finanzbedarf bestehe wie zu Zeiten der alten British Rail. Kein Wort sagt sie jedoch über die Streckenschließungspolitik der Beeching-Axe oder die Erfolge nach der Reverstaatlichung der Infrastruktur. Statt dessen wirft sie Siim Kallas „blanken Irrsinn“ vor. Wettbewerb schade der Eisenbahn als Verkehrsträger, es müsse daher ein Zurück zu gemeinwirtschaftlichen integrierten Modellen geben statt der derzeitigen „neoliberalen Bahnpolitik der EU“. Insgesamt fordert die Linke mehr Kooperation und weniger Konkurrenz.

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