Viertes Eisenbahnpaket: Auch den Straßenbahnsektor regulieren!
04.02.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Da ist es also, das vierte Eisenbahnpaket. Wir wissen jetzt, wo die Reise hingeht. Integrierte Modelle bleiben unter Auflagen möglich und ein Zurück zur Behördenbahn alter Prägung würde wohl von allen seriösen Verkehrspolitikern und Branchenakteuren zurecht abgelehnt. Der freie Netzzugang ist breiter Konsens. Die Regulierung gilt aber nur im Eisenbahnbereich, sobald eine Schiene nach BOStrab zugelassen ist, herrschen Zustände wie in längst vergangenen Zeiten: Infrastruktur und Verkehr werden als dogmatische Unteilbarkeit angesehen „auf unser Netz kommt niemand drauf“ und Wettbewerb ist quasi ausgeschlossen.
Warum eigentlich? Was spricht dagegen, das Erfolgsmodell Wettbewerb aus dem SPNV auch in den kommunalen Schienenbereich zu übertragen? Natürlich würde damit ein Transformationsprozess einhergehen und selbstverständlich lässt sich das alles nicht mit einem Wimpernschlag verändern, doch gerade aus Fahrgastsicht stellt man fest, dass die kommunalen Verkehrsunternehmen vielfach noch immer eine Gutsherrenmentalität haben, die man eigentlich überwinden wollte. Dazu sind viele Schritte zu machen, aber die Ideen sind längst da.
Im SPNV reden wir über Restwertrisiken und die Aufgabenträger haben Lösungen entwickelt, um diese Probleme aus der Welt zu schaffen. Das Lebenszyklusmodell des VRR eignet sich hervorragend für den Stadtbahnsektor, sowohl in Bezug auf die Herstellerwartung als auch für die Absicherung von Investitionsrisiken. Es muss eben nicht jedes Verkehrsunternehmen seine eigene Werkstatt aufbauen, sondern ein Aufgabenträger schafft Fahrzeuge an (oder tritt in direkte Vertragsverhältnisse mit einem Investor, der diese Fahrzeuge anschafft) und diese werden vom Hersteller gewartet. Zum einen wollen die Hersteller in den After-Sales-Markt gehen, weil das Neufahrzeuggeschäft keine Expansionsmöglichkeiten mehr bietet, zum anderen gibt es in Österreich bereits kommunale Straßenbahnbetriebe, die Instandhaltungsverträge mit Herstellern haben.
Aber selbst wenn man die Instandhaltung beim Verkehrsbetrieb belassen möchte – und eine Menge Dinge sprechen auch dafür – dann kann man mit Werkstattförderung und ähnlichen Maßnahmen gewährleisten, dass hier effiziente Strukturen geschaffen werden. Es geht aber auch darum, die kommunalen Aufgabenträger zu stärken, damit sie effektive Maßnahmen gegen fortgesetzte Schlechtleistungen tätigen können. Es ist doch unbestreitbar, dass ein Aufgabenträger nur dann in der Lage ist, ökonomischen Druck auszuüben, wenn er nicht gleichzeitig Gesellschafter des Unternehmens ist und zusätzlich entsprechender Wettbewerbsdruck vorhanden ist.
Zugegeben: Das ist eine Vision. Der Anfang kann viel kleiner aussehen. Die kommunalen Verkehrsbetriebe lassen heute schon einen nicht geringen Teil ihrer Verkehre von Privatunternehmen fahren, weil sie selbst nicht wirtschaftlich genug sind. Diese Leistungen müssen zuerst ausgeschrieben werden, sie müssen das Einfallstor werden und dann muss es weitergehen. Sehr schnell werden sich erste Erfolge einstellen und niemand wird den Inhouse-Vergaben alter Prägung nachtrauern.