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S-Bahn Berlin: IGEB fürchtet neues Chaos ab 2018

02.05.12 (Berlin, Brandenburg) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Berliner Fahrgastverband IGEB fürchtet angesichts der Untätigkeit des Senats ein neues S-Bahnchaos ab dem großen Fahrplanwechsel im Dezember 2017 – dieses ist aufgrund fehlender Entscheidungen für die Zeit danach bereits unvermeidbar. Ein neuer Rollmaterialmangel wird wieder dazu führen, dass die S-Bahn mit großen Einschränkungen und Problemen zu tun haben wird, die einen regulären Betrieb verhindern.

Dabei ist die aktuelle Krise im vierten Jahr noch immer nicht ausgestanden: Im April 2012 betrug die Zugausfallquote durch fehlende Triebfahrzeugführer zehn Prozent. Jeder zehnte Zug wurde nicht gefahren, weil die zur Deutschen Bahn gehörende S-Bahn Berlin GmbH nicht mehr genügend Mitarbeiter hat. Dazu kommen heute schon fehlende Züge. Zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten werden 550 Viertelzüge (1.100 Wagen) benötigt, nach Angaben des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) waren es zuletzt aber nur rund 480.

Diese Situation hat sich aber zum gestrigen 1. Mai geändert, denn bei den Zügen vom Typ ET 481, der fast achtzig Prozent des Fuhrparks ausmacht, fallen die Sandprüfungen weg, so dass eine höhere Verfügbarkeit ermöglicht wird. Alle anderen Züge werden aber spätestens Anfang 2018 nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Baureihen 480 und 485 müssen ausgemustert werden, da sie nicht oder nur mit unvertretbar großem Aufwand auf das neue bis dahin von DB Netz eingeführten Zugsicherungssystem umgestellt werden können.

Mit dem Mehrbedarf für den Flughafenverkehr und die S 21 Nord (Nordring – Hauptbahnhof) werden 2018 zusätzlich zu den dann vorhandenen 500 Viertelzügen vom Typ ET 481 noch 190 neue Viertelzüge benötigt. Bereits am 7. Januar 2010, vor fast zweieinhalb Jahren, verwies die damalige Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) darauf, dass man spätestens im Januar 2011 eine verbindliche Entscheidung hätte haben müssen. Die Ausschreibung dauert etwa 18 Monate, der Bau von Fahrzeugen etwa fünfeinhalb Jahre.

Getan hat sich seit damals allerdings nichts. Es gibt noch keine Ausschreibung, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte vor den Senatswahlen im letzten Herbst sogar eine neuerliche Direktvergabe an die S-Bahn Berlin GmbH – auch noch nach dem Abellio-Urteil. Wie es weitergeht ist derzeit völlig offen.

Das Wirtschaftsberatungsbüro KCW hat allerdings ein Besitzgesellschaftsmodell ausgearbeitet, bei dem entweder die Fahrzeugindustrie selbst und / oder die Kreditgeber-Banken Eigentümer der Fahrzeuge bleiben und sie an das die S-Bahn betreibende Eisenbahnverkehrsunternehmen vermieten. Die Hersteller wären dann auch für die Wartung zuständig – die Probleme traten auf, kurz nachdem die Züge vom Typ ET 481 nicht mehr durch den Hersteller Bombardier, sondern durch die DB AG selbst erfolgte. Das würde dadurch verhindert werden.

Das Modell liegt anwendungsfähig in der Schublade. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) aus Nordrhein-Westfalen erwägt bereits bei anstehenden Ausschreibungen darauf zurückzugreifen. In Berlin ist allerdings noch immer Stillstand zu vermelden. Selbst im Falle einer Notvergabe an die S-Bahn Berlin GmbH und einer verzögerten Ausschreibung ist ein neuerliches Chaos wegen der Fahrzeugfrage bereits heute unumgehbar.

Bild: Deutsche Bahn AG

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