Kommentar: Das MDV-Ersatzkonzept des NVV ist das Papier nicht wert
03.06.10 (Allgemein) Autor:Sven Steinke
Nachdem der NVV das Konzept des NWL RB 89+ hat scheitern lassen, stellt er ein eigenes Ersatzkonzept in Aussicht. In einer Pressemeldung heißt es: „Um zumindest für die Fahrgäste in der Relation Paderborn – Kassel die Nachteile des wegfallenden Fernverkehrs auf ein Minimum zu beschränken, entwickelte der NVV eine eigene Konzeptidee für den Bereich Kassel-Warburg: Dabei handelt sich um montags bis donnerstags um zwei Fahrtenpaare, freitags um drei Fahrtenpaare sowie samstags und sonntags um zwei zusätzliche Fahrtenpaare, die einerseits bestehende Fahrplanlücken schließen sollen und andererseits zusätzliche Fahrtmöglichkeiten für den Reiseverkehr am Wochenende bereit stellen sollen.“ Diese Aussage hört sich zwar schön an, nur wenn man mal genau liest, ist die Aussage zu dem Konzept unter der Woche nichts sagend. Es brauch sich nur die Haltepolitik ändern schon hat man eine neue Konzeption. Zwei zusätzliche Verbindungen sollen nur am Wochenende umgesetzt werden, in Form von zwei in Warburg endenen RE 17 die mit VT 628 verkehren und nach Kassel verlängert werden.
Wer aus dem Ruhrgebiet nach Hessen oder Thüringen möchte, der nutzt meistens die so genannte Mitte-Deutschland-Verbindung. Heute gibt es noch einen durchgehenden IC mit dem sehr seltsamen Laufweg Ruhrgebiet – Kassel – Eisenach – Erfurt – Halle – Berlin. Teilweise kommt er auch aus Köln und fährt weiter nach Stralsund bzw. Binz. Auf dem ersten Blick sieht man im Fahrplan einen Zweistundentakt, aber auf dem zweiten entdeckt man dann die vielen Fußnoten. Diese zeigen, dass die Bezeichnung Taktverkehr völlig unzutreffend ist. Außerdem bestehen die meisten Züge nur noch aus fünf Waggons, ganz ohne Speisewagen. Mittlerweile werden samstags nur noch vier Zugpaare angeboten, an Freitagen sind es jedoch sieben. Ab Dezember wird nur noch mit drei Zugpaaren gerechnet, zwei davon täglich. Der von der DB versprochene ICE Dortmund – München über Kassel schafft auch kaum Linderung, sobald er denn kommt. Der Fernverkehr auf der Mitte-Deutschland-Verbindung ist aktuell nur noch ein Fragment, welches spätestens mit Beschaffung der neuen ICx-Züge komplett wegfallen wird.
Die MDV wurde über Jahre systematisch kaputt gewirtschaftet. Kurz nach dem Fall der Mauer wurde ein InterRegio Düsseldorf – Chemnitz im Zweistundentakt eingeführt. Dieser hatte noch einen optimalen Laufweg und verband das Ruhrgebiet mit allen großen Städten Thürigens. Dann sollte der IR durch den hochgelobbten ICE-T ersetzt werden. Bis auf zwei Zugpaare blieb es aber nur beim IC. Teilweise gab es die gleichen Wagen zum höheren Preis. Nahverkehrstickets waren überhaupt nicht mehr gültig. Städte wie Jena und Gera wurden, wegen der nicht elektrifizierten Streckenabschnitte, vom Fernverkehr abgehängt. Chemnitz verlor die Direktverbindung ins Ruhrgebiet, statt dessen liefen die IC über Halle und Berlin nach Stralsund. Die ICE hingegen fuhren parallel mit der ICE-Linie Frankfurt – Dresden. Im Dezember 2007 wurden diese ICE eingestellt und durch IC ersetzt, die nicht nach Dresden, sondern auch Richtung Berlin fahren.
Auf kurz oder lang werden die durchgehenden IC eingestellt und der Reisende wird auf den Nahverkehr angewiesen sein, der aktuell keine attraktive Verbindung darstellt. Die meisten Reisenden werden dann wahrscheinlich auf die Alternative A4 und A44 umsteigen.
Daraufhin hat der NWL ein Alternativkonzept erarbeitet, welches vorsah, die RB 89 bis Warburg im Stundentakt verkehren zu lassen und sie dort in den Zeiten, in denen keine Verbindung Richtung Kassel besteht, weiter zur Fernverkehrsdrehscheibe Kassel-Wilhelmshöhe zu führen. Der nordhessische Aufgabenträger NVV war auch erst bereit, dieses Konzept mit dem NWL zu finanzieren und umzusetzen. Für die Realisierung des Projektes blieb allerdings nur wenig Zeit, weil es sich nach der Einführung der neuen EU-Verordnung 1370/2007 verzögert hätte und dadurch auch wesentlich teurer geworden wäre. Deshalb leitete der NWL das notwendige recht schnell in die Wege, es wurden schon erste Maßnahmen zur Umsetzung begonnen, bevor die Verkehre verbindlich bestellt wurden. So erfolgte bereits die Beauftragung eines zusätzlichen Triebwagens durch die eurobahn. Allerdings entschloss sich dann der NVV im letztmöglichen Augenblick zur Ablehnung des Konzeptes, mit recht abenteuerlichen Begründungen, mit denen der hessische Aufgabeträger in der Fachwelt nur seine Inkompetenz unterstrich. Der NVV hat in den Verhandlungen überhaupt keine Vorschläge zu einem möglichen Ersatzkonzept eingebracht und am Ende das ganze vom NWL erarbeitete Konzept wegen einer angeblichen Trassenüberschneidung bei einer Zugleistung scheitern lassen. Statt darüber zu reden, wird seitens des NVV sofort alles fallen gelassen. Das das NWL-Konzept noch nicht das Optimum war, ist allen klar gewesen. Nur kurzfristig ist nichts anderes umsetzbar gewesen. Jetzt allerdings bleibt es beim noch schlechteren Ausgangszustand.
Erst ab 2016 scheint ein wirklich attraktives Alternativkonzept umsetzbar zu sein. Denkbar wäre ein RE in der heutigen IC-Trasse, die optimal in den ITF eingebunden ist. So würde ein RE Düsseldorf – Erfurt fürs erste reichen, diese Verbindung sollte dann natürlich zu gegebener Zeit in einer Ausschreibung vergeben werden. Hierbei werden keine schnellen IC-Wagen benötigt, da die Streckenabschnitte, auf denen mit 200km/h gefahren werden kann, sehr kurz und daher kaum entscheidend für die Gesamtfahrzeit sind. Hier wären zum Beispiel die Married-Pair Wagen die die NOB zurzeit auf der Marschbahn einsetzt eine sinnvolle Alternative. Neben den großen Mehrzweckbereichen, ist über die niederflurigen Einstiege ein schneller und bequemer Fahrgastwechsel möglich. Die Bestuhlung und weitere Komfortmerkmale können auf diesen sehr langen RE abgestimmt werden. Der Vorteil der Verbindung nach Erfurt ist, dass dort direkt Anschluss an und von der ICE-Linie Dresden – Frankfurt besteht, sowie dem RE 1 von und nach Chemnitz, Gera, Jena, Zwickau.