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Eine bessere Politik besser erklären

29.10.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wer will Claus Weselsky widersprechen, dass es Aufgabe der öffentlichen Hand ist, hier in der Krise die Funktionalität der Schiene sicherzustellen und dass diese als Verkehrsträger nicht deckungsgleich ist mit dem Unternehmen DB AG? Von denen, die hier mitlesen, werden die meisten wohl denken, dass das eine Binsenweisheit ist.

Aber Vorsicht: Es gibt in Deutschland eine ganze Reihe – auch heute noch – an Nicht-Fach-Journalisten, an Politikern aus allen Regionen und Parteien aber auch an Funktionären unterschiedlichster Verbände, denen genau das nicht klar ist. Nicht wenige Bürgermeister oder mit sonstwas für fachpolitischen Themen beschäftige Wahlkreisabgeordnete haben ein ernsthaftes und ehrliches Interesse daran, dass der SPNV in ihrer Stadt und ihrem Wahlkreis weiter gut funktioniert

Deshalb muss man dafür die Bundesbahn schützen, damit diese nicht gezwungen ist, Kahlschläge vorzunehmen, die keiner möchte. Tatsächlich ist es eigentlich Aufgabe der Eisenbahnvertreter, die nicht im Konzern mitspielen, genau das zu erklären. Müller-Rail und Schienen-Schulz sind genauso systemrelevant wie DB Regio – oder aber sie sind es nicht, weil sie nur irgendwelche von vielen Betreibern sind.

Dann kann man sie alle fallen lassen und hoffen, dass neue auftauchen (woher sollen die kommen?) oder aber man verteilt Rettungsgelder so, dass nicht der rote Ex-Monopolist Kapitalerhöhungen kriegt und alle anderen weiter in den Miesen fahren. Dabei hat die DB AG, gerade im Vergleich zu marktnah aufgestellten konzernexternen Unternehmen des SPNV, am ehesten ein Problem ineffizienten Verwaltungsstrukturen.

Wieso soll man eine Arbeitsplatzgarantie geben, die faktisch nur den Wasserkopf des Konzerns schützt, während Lokomotivführer, Zugbegleiter, Fahrdienstleiter, Werkstattmechatroniker und viele andere betriebsnahe Berufe dringend gesucht werden? Wo gibt es denn die Lokomotivführer, die ernsthaft von Arbeitslosigkeit bedroht sind? Natürlich ist es richtig, dass man auch den Personalübergang tarifvertraglich regelt.

Auch DB Regio muss in einigen Jahren beispielsweise Mitarbeiter von Erixx übernehmen, wenn diese das wünschen und wenn keine schwerwiegenden persönlichen Gründe dagegen sprechen. Sie werden das auch müssen und froh und dankbar über jeden sein, der kommt, weil der Markt leergefegt ist. Aber es kann nicht Aufgabe eines Zukunftstarifvertrages sein, Verwaltungsstrukturen zu schützen, die aus den Zeiten der zurecht abgeschafften Behördenbahn bis heute erhalten worden sind.

Auch das ist ein Erfolg des Wettbewerbs auf der Schiene, der marktwirtschaftlichen Transformation. Diese hat aufgezeigt, dass die DB AG erheblichen Restrukturierungsbedarf hat – noch immer. Und was spricht dann dagegen, dass man Bonuszahlungen für alle mit mehr als 100.000 Euro Gehalt streicht? Natürlich ist das Symbolpolitik, aber bei den betriebsnahen Berufsfeldern braucht man gute Lohnsteigerungen, um überhaupt ausreichend Personal zu finden – nicht nur bei unserer Bahn, sondern überall auf unserer Schiene.

Siehe auch: Schlichtung zwischen DB AG und GDL hat begonnen

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