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Neues SPFV-Gesetz vorgeschlagen

23.11.15 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz strebt ein neues Gesetz zum Fernverkehr an. Bereits im Jahr 2008 wurde im Bundesrat ein Fernverkehrssicherungsgesetz verabschiedet, das jedoch im Bundestag nie diskutiert wurde. Es war wesentlich strenger als der jetzt vorliegende Entwurf. Damals hieß es, dass jedes deutsche Oberzentrum mit Gleisanschluss sowie jeder Bahnhof mit besonderer Knotenfunktion mit mindestens sechs Zugpaaren pro Tag bedient werden sollte.

Der neue Gesetzesentwurf fordert die Erstellung eines Fernverkehrsplanes, den der Bund erstellen und dem Bundesrat zur Zustimmung vorlegen muss. Es ist nur noch die Rede von einer „ausreichenden Bedienung.“ Die Formulierung erinnert stark an die aus dem Grundgesetz: „Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, im Bereich des öffentlichen SPFV mindestens durch ein Grundangebot Rechnung getragen wird.“ Im Grundgesetz heißt es, dass der Bund für die Verkehrsangebote auf der Schiene zuständig ist, soweit diese nicht den SPNV betreffen. Das nähere regelt ein Bundesgesetz.

Das dort verlangte Bundesgesetz existiert nicht, das bereits genannte Fernverkehrssicherungsgesetz hat es nach seiner Verabschiedung im Bundesrat nicht in den Bundestag geschafft. Der nun vorliegende Entwurf sieht erneut eine Zuständigkeit im Bereich des Bundes vor. Dieser soll einen Aufgabenträger einrichten, der sich mit der Vergabe der Leistungen und dem dazugehörigen Controlling befasst. Das ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Fernverkehrsplanungen der DB AG ein brisanter Punkt. Zwar möchte man ein umfassendes Netz aufbauen und strebt außerdem großflächige „Tarifintegrationen“ an, die Geldflüsse vom Aufgabenträger vorsehen.

Bei der Vorstellung des Konzeptes hat man jedoch bereits gesagt, dass man sich nicht auf Verkehrsverträge einlassen wird, wie es sie im Regionalverkehr gibt. Pönalisierungen bei verschmutzten Fahrzeugen, Verspätungen, defekten Toiletten oder ähnlichem wären dann nicht möglich. Das sähe bei bestellten Fernverkehrsleistungen anders aus. Hier bestünde dann durch einen Bundesaufgabenträger sehr wohl die Möglichkeit, im Rahmen des allgemeinen Vertragsmanagements steuernd einzugreifen und bei Schlechtleistungen ökonomischen Druck auszuüben.

In der Begründung weist man auf die Negativentwicklungen im SPV seit 1994 hin. Das Streckennetz reduzierte sich seit dem Ende der alten Bundesbahn um 3.700 Kilometer. Insgesamt 220 Bahnhöfe verloren ihren SPFV-Anschluss, diese liegen in Städten mit insgesamt etwa 5,5 Millionen Einwohnern. Darunter befinden sich bundesweit acht Großstädte und 21 Oberzentren. In 122 weiteren Städten hat sich die Zahl der SPFV-Halte pro Jahr mindestens oder mehr als halbiert. Das widerspreche den Vorgaben des Grundgesetzes, das eine klare politische Verantwortung auf Bundesebene vorsieht.

Alle bisherigen Bundesregierungen von Kohl über Schröder bis Merkel und wechselnden Bundesverkehrsministern waren bislang der Auffassung, dass definitorisch überall dort kein Fernverkehrsbedarf vorhanden sei, wo niemand eigenwirtschaftlich fahren wolle. Dem widerspricht die Begründung des aktuellen Gesetzesentwurfes. Dieser stelle dem Bund „die zur Erfüllung seiner Aufgabe grundgesetzlich auferlegte und verkehrlich notwendige Rechtsgrundlage zur Verfügung“. Darüber hinaus wird davor gewarnt, dass die Länder durch die genannten Verschlechterungen im SPFV unter zusätzlichen Druck geraten seien. So mussten die Aufgabenträger der Länder etwa Fernverkehrsersatzleistungen bestellen. In Rheinland-Pfalz betrifft das z.B. die Moselstrecke, wo der InterCity durch die DB Fernverkehr AG eingestellt worden ist.

Die Autoren des Gesetzesentwurfes schreiben in ihrer Begründung weiter, dass die Bereitstellung der Schienenwege nicht ausreiche. Man beruft sich auf die gelegentlich zu hörende Argumentation aus der Bundesregierung, dass man mit der Finanzierung der Bundesschienenwege, z.B. in der LuFV oder die Beteiligung an Neubauprojekten, bereits ausreichend Verantwortung für den Fernverkehr übernehme. Inwieweit der Gesetzesentwurf Realität wird, bleibt abzuwarten. Es ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Bundesregierung ihre bisherige Position verlässt. Diese wird sich dabei wahrscheinlich vor allem auf die erst ab 2016 erhöhten Regionalisierungsgelder berufen. Ein eigener Aufgabenträger auf Bundesebene für den Fernverkehr erscheint nach jetzigem Dafürhalten ausgesprochen unwahrscheinlich.

Siehe auch: Integrale Taktfahrpläne schaffen

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