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Die Schiene besser machen

15.10.15 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn im Regionalverkehr ein Zug Verspätung hat, dann kostet es den Betreiber eine vertraglich vereinbarte Pönale. Ist der Verkehrsvertrag für den Aufgabenträger von Nachteil ausgelegt, dann rechnet sich ein Verkehrsunternehmen im schlimmsten Fall aus, dass man aus wirtschaftlichen Gründen besonders langsam (energiesparend) fährt, die Reinigungsintervalle der Züge verlängert und auch ansonsten die Qualität senkt, weil man dadurch Einsparungen erzielt, die höher sind als die zu zahlenden Pönale. Ist es ein aus Sicht der Aufgabenträger und Fahrgäste guter Verkehrsvertrag, dann kostet eine Verspätung oder eine Schlechtleistung anderer Art viel Geld.

Im Fernverkehr sieht die Sache anders aus, denn der ist eigenwirtschaftlich. Hier gibt es direkte Geschäftsbeziehungen zwischen Verkehrsunternehmen und Nutzer, es gibt keine zwischengeschaltete Business-Einheit in Form eines Aufgabenträgers. Und da ist es doch bemerkenswert, dass der SPFV in Deutschland in Problemen mit den Fahrgastzahlen steckt und gleichzeitig auch die Zuverlässigkeit nicht so funktioniert, wie sie soll. Die Schiene ist in den Köpfen gerade älterer Menschen in Deutschland noch immer ein unzuverlässiger Verkehrsträger. Das hat etwas mit den desolaten Zuständen der alten Behördenbahn zu tun – diese gehört glücklicherweise der Vergangenheit an, aber das Image ist noch da.

Es verstärkt sich, wenn Meldungen durch die Presse gehen, dass jeder dritte Zug verspätet ist und manch einer fragt sich, wieso er eigentlich nie die anderen beiden erwischt. Dass man im Bahntower auf deutlich konstruktivere Art und Weise gegensteuern will als man es noch unter Mehrdorn getan hat, ist zu begrüßen. Dass Angebotspolitik im SPFV nicht mehr daraus besteht, im Frühjahr bekanntzugeben, welche Leistungen im Dezember eingestellt werden, ist im Interesse des Verkehrsträgers Schiene richtig und wichtig. Nun wissen aber auch die Unternehmensspitzen im DB-Konzern, dass ein flächendeckender Deutschlandtakt eigenwirtschaftlich nicht darstellbar ist.

Es muss Geldflüsse vom Aufgabenträger geben und hier geht es schon los: Unabhängig von der vergaberechtlichen Problematik strebt der DB-Konzern hier andere Modelle an als im Regionalverkehr: Wenn nicht mehr pro Zug-, sondern jetzt pro Tarifkilometer bezahlt wird (und das Besteller-entgelt als „Tarifausgleich“ firmiert), dann heißt das im Gegenzug, dass für den Fall der genannten Schlechtleistungen auch keine Pönalisierungen mehr fällig würden.

Die Deutsche Bahn schafft sich nicht nur viereinhalb Jahre nach dem Abellio-Urteil einen neuen Direktvergabemarkt, sondern sie versucht aktiv die Machtverhältnisse zu Lasten der Aufgabenträger zu verschieben. Klar, in der offiziellen Sprachregelung heißt das dann, dass man „die unternehmerische Freiheit“ behalten will. Das klingt ja auch schöner. Was Deutschland aber tatsächlich braucht ist bestellten Fernverkehr – unter Einhaltung aller vergabe- und beihilferechtlichen Regelungen. Inklusive der Möglichkeit durch Aufgabenträger Qualität und Leistung sicherzustellen und gegen Schlechtleistungen vorzugehen. Das würde die Schiene besser machen.

Siehe auch: Erhebliche Verspätungsquote im SPFV

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