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Erhebliche Verspätungsquote im SPFV

15.10.15 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wie am letzten Wochenende bekannt wurde, ist die Verspätungsquote im deutschen SPFV erheblich. Nach einem Zeitungsbericht sollen etwa dreißig Prozent aller Fernzüge ihr Ziel mit fünf Minuten Verspätung oder mehr erreichen. Was oft nach wenig klingt, kann bei geplatzten Anschlüssen jedoch erhebliche Folgen haben – wenn aus zehn Minuten eine oder gar zwei Stunden werden. Außerdem sind die Züge, wenn sie pünktlich ihren Endbahnhof erreichen, auch nicht als verspätet in der Statistik – was Fahrgäste, die wegen einigen Minuten Verspätung an einer Zwischenstation ihren Anschluss verpasst haben, nicht hilft.

Im August waren weniger als siebzig Prozent der Fernzüge pünktlich am Endbahnhof, im Juli waren es noch weniger. Die interne Zielvorgabe der DB AG liegt bei achtzig Prozent, wobei es aufgrund der Eigenwirtschaftlichkeit keine Qualitätsvereinbarungen mit den Aufgabenträgern gibt. Solche sind ausschließlich im gemeinwirtschaftlichen Regionalverkehr üblich. Als eine Ursache werden höhere Bauaktivitäten genannt als bislang üblich. Im Rahmen der höheren Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung steht DB Netz mehr Geld zur Verfügung, das auch genutzt wird. Die betriebliche Stabilität leidet jedoch unter zusätzlichen Baustellen im Netz. Zudem fehlen zusätzliche Züge, mit denen man eigentlich schon länger gerechnet hat.

Das betrifft etwa die verspätete Auslieferung der Baureihe ET 407. Insgesamt ist die Fahrzeugreserve zu klein, was gemeinhin als Spätfolge überzogener Kostensenkungsprogramme aus der Mehdorn-Ägide gesehen wird. Damals hieß es stets, die Bahn müsse „börsenfähig“ werden, Fahrzeugreserven, die ohne betriebliche Unregelmäßigkeiten nur auf dem Abstellgleis stehen, galten als Kostenblöcke, die eingespart werden mussten. Zuletzt kamen Sonderzüge mit Asylbewerbern hinzu, die die betriebliche Lage an einigen Tagen noch einmal angespannt hat.

Und auch sonst ist das Marktumfeld nicht leicht: Die Bahn hat es mit Fernbussen zu tun, die Druck auf den Preis ausüben. Zwar hat die Schiene davon profitiert, weil auf einmal wieder von mobilem Internet und verbesserten Verfügbarkeiten der Sparpreise die Rede ist, doch das hilft in der angespannten Situation nicht weiter. Das erkennt man auch am jüngsten Gewinneinbruch: Obwohl der Umsatz konstant geblieben ist, stiegen die Kosten. Bei einem Schuldenstand von über 16 Milliarden Euro profitiert man zudem von den extrem niedrigen Zinsen im Euroraum – ob das so bleibt, steht in den Sternen und eine höhere Zinsbelastung dürfte ein großes mittelfristiges Risiko sein.

Kurzfristig jedoch ist der Fernverkehr nicht zuverlässig genug. Das hat politische Reaktionen auf den Plan gerufen. Matthias Gastell, verkehrs- und eisenbahnpolitischer Sprecher der Grünen im Deutschen Bundestag hält die Situation für „besorgniserregend“ und fordert, dass sich was tut: „Eine hohe Verlässlichkeit und ein guter Service sind Grundvoraussetzung dafür, dass die Bahn von den Fahrgästen geschätzt sowie gern und viel genutzt wird. Aber auch die Politik muss in die Pflicht genommen werden. Engpässe im Netz beruhen oft auf jahrelanger sträflicher Vernachlässigung der Infrastruktur. Sie müssen dringend abgebaut werden. Nur so kann die Schiene endlich ihre Vorteile gegenüber der Straße auch ausspielen. Der neue Bundesverkehrswegeplan ist hier eine Chance und muss ernsthaft dafür wahrgenommen werden.“

Im Zusammenhang mit der Konkurrenz zu Fernbussen wird immer wieder eine Maut für selbige gefordert – jedoch ist das bislang politisch nie ein ernsthaftes Thema gewesen. Dennoch reagiert man bei der Bahn preissensitiv. Der Normalpreis, der vom kommenden Dezember an Flexpreis heißen soll, bleibt konstant. Der Name Flexpreis soll darauf hinweisen, dass mit einem solchen Fahrschein jeder Zug innerhalb von drei Tagen genommen werden kann.

Der Sparpreis, der bereits heute die Regel ist, soll das in Zukunft noch stärker werden. Dadurch hat man im Fernverkehr die Möglichkeit, verstärkte Auslastungssteuerungen vorzunehmen. Das sorgt allerdings auch für mangelnde Transparenz. Während in der öffentlichen Debatte über einen konstanten Normal- bzw. Flexpreis gesprochen wird, geht die Tatsache unter, dass geheime faktische Preiserhöhungen, aber auch -senkungen aufgrund geänderter Verfügbarkeiten von Sparpreiskontingenten jederzeit möglich sind. Unabhängig von der Preisentwicklung im Fernverkehr sind die Verbundtarife. Diese werden nicht von der DB AG, sondern von den Länder oder Kommunalverbünden festgesetzt.

Siehe auch: Die Schiene besser machen

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