Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Eine zweite Schlichtung?

06.09.21 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Eines der zentralen Argumente der DB-Konzernführung war stets, dass die Forderungen der GDL gerade keine Tarifforderungen seien, sondern dass man eisenbahnpolitische Grundsatzthemen in Tarifverträgen regeln wolle, wo sie nicht hineingehörten. Jetzt stehen wir aber – richterlich bestätigt – dass das nicht so ist. Die Forderungen der GDL sind reine Tarifforderungen, ganz unabhängig von der Frage, in welchen Betrieben des Konzerns sie für welche Berufsgruppen Tarifverträge abschließen kann.

Es ist also nun an den Konfliktparteien selbst, eine Lösung herbeizuführen. Dabei habe ich in der Berichterstattung in der Tagespresse den Eindruck gehabt, dass vielen Redakteuren gar nicht klar ist, wie hoch die Eskalationsstufe ist. So forderte in der letzten Woche ein Kommentator im Radiosender WDR 4 den Eintritt in ein Schlichtungsverfahren. Das wäre sicher auch angebracht, doch dieses Schlichtungsverfahren gab es bereits, es ist letztes Jahr gescheitert.

Das ist der Grund, wieso es seit 2015 keine Arbeitsniederlegungen gegeben hat: DB AG und GDL haben sich damals verpflichtet, im Falle gescheiterter Tarifverhandlungen immer zuerst in ein Schlichtungsverfahren einzutreten. Das zeigt also, wie krass die Situation ist. Eine Möglichkeit wäre sicher, wenn es ein erneutes Schlichtungsverfahren gäbe. Die Frage ist aber, ob ein solches von Erfolg gekrönt sein würde.

Nun ist es nicht meine Aufgabe, Tarifforderungen inhaltlich zu bewerten, wohl aber muss man zur Kenntnis nehmen, dass Konkurrenten der DB AG bereits einen Tarifabschluss gemacht haben, der sich am öffentlichen Dienst orientiert – ganz ohne Streiks. Dabei gibt es im wesentlichen ein Argument, das man immer wieder hört: Die Eisenbahner sollen froh sein, überhaupt einen Job zu haben. Gerade jetzt droht die Arbeitslosigkeit massiv zu steigen, da ist ein Arbeitsplatz fast schon ein Privileg.

Tatsächlich kann man das aber auch umgekehrt so sehen: Die DB AG soll froh sein, Personal zu haben. Die Altersstruktur ist deutlich höher als im Branchendurchschnitt und in den kommenden Jahren werden zahlreiche Babyboomer in den Ruhestand treten, ohne dass man diese so einfach ersetzen kann. Sinkende Schülerzahlen und bereits jetzt erkennbarer Personalmangel in der gesamten Branche sind ein klares Indiz.

Da könnte man sich, dem Anspruch eines Branchenprimus folgend, auch versuchen, als bester Arbeitgeber aufzustellen: Wer bei der DB AG fährt, verdient mehr. Bis vor kurzem hat man dieses Lied noch bei jeder verlorenen Ausschreibung im Nahverkehr gesungen, dass die Mitarbeiter entweder überregional versetzt oder zu deutlich schlechteren Bedingungen beim neuen Betreiber anfangen müssten.

Jetzt wäre die Gelegenheit zu sagen, dass man auch in Zukunft der Top-Arbeitgeber nicht nur in Deutschland, sondern vor allem auf der Schiene sein will. Auch wenn die Zeiten im Moment schwer sind, aber ohne die Eisenbahner im direkten Betrieb läuft auf der Schiene gar nichts – bei der DB AG, wie auch bei allen anderen Eisenbahnunternehmen auf der Schiene. Das zeigt sich dieser Tage einmal wieder.

Kommentare sind geschlossen.