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Mehr Komfort für den Fahrgast

25.06.20 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist schon fast zwei Jahre her, dass der VRR die erste Testphase des Next-Tickets abgeschlossen hat. Seitdem haben viele (potentielle) Fahrgäste gewartet, denn ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Nutzung deutlich einfacher und angenehmer war als der konventionelle Fahrscheinkauf; selbst wenn dieser über die App gelaufen ist. Man muss sich keine Gedanken über Tarife, ein womöglich falsches Ticket oder sonstwas machen, sondern man loggt sich ein und der Zähler hört auf, die Kilometer zu berechnen, sobald der Fahrgast ausgestiegen ist. Was will ich denn mehr?

Natürlich sind die Tarifsysteme längst nicht so komplex, wie manch einer das vermutet und es gibt auch keinen objektiven Grund, das als ernsthaftes Zugangshemmnis zu sehen. Für viele ist es aber so. Gerade die ältere Generation, die mit 18 froh war, ein Auto zu haben und jetzt als Silversurfer auf dem Computer und mit dem Smartphone längst die digitale Welt erlebt hat, sieht Zugfahren immer noch als ein Buch mit sieben Siegeln. „Ich weiß ja gar nicht, wie das geht.“

Es geht dann mit der App sehr einfach und noch einfacher als es im Grunde auch mit dem normalen Fahrscheinkauf wäre. Vor allem aber macht die Eisenbahn sich fit für die Technik, die nicht mehr eine Zukunftsutopie ist, sondern längst Alltag: Wir können mit dem Smartphone weit mehr Dinge tun als Fotos vom Mittagessen bei Instagram hochzuladen. Die Verkehrsunternehmen haben ihrerseits natürlich auch den großen Vorteil, dass der Kunde sich seine Vertriebsinfrastruktur mitbringt.

Man braucht sicherlich auch in Zukunft nach Fahrscheinautomaten, aber vielleicht nicht mehr so viele. Die Reisezentren der DB AG werden mehr und mehr zu Beratungsstellen, wo der Verkauf von Fahrscheinen gar nicht mehr so entscheidend wird. Auch hier wird der Trend in die gleiche Richtung gehen wie bei der Erbringung der Verkehrsleistungen: Die DB AG wird mit ihrer Konzerngesellschaft DB Vertrieb ein Akteur von mehreren sein und am Ende wird auch die Technologie für die App auf einige Jahre oder Jahrzehnte auszuschreiben sein.

Dann kann DB Vertrieb ein Angebot machen, vielleicht beispielsweise auch Transdev Vertrieb, aber wieso sollten nicht die Reisekonzerne in den SPNV-Markt eintreten, wenn man feststellt, dass sich dort die vielleicht schon längst in den eigenen Systemen genutzte Technologie implementieren lässt? Die Eisenbahn ist für zahlreiche potentielle Akteure ein interessantes Geschäftsfeld und die Kunden profitieren auf vielfältigen Ebenen.

Jetzt ernsthaft: Wer hätte sich vor einigen Jahren träumen lassen, dass man mit den noch gar nicht so lange existierenden Smartphones einen kilometergenauen Fahrtarif haben kann? Ich denke, wir alle sollten diese Form des Fortschrittes annehmen und uns über mehr Komfort freuen, der noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen wäre. Allerdings: Es gilt auch, genau das zu kommunizieren. Die eigentliche Herausforderung der Branche wird es sein, die Menschen auf Busse und Bahnen zu bringen, dis bislang „keine Antenne“ für den ÖPNV hatten.

Siehe auch: VRR: Next-Ticket geht in die nächste Runde

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