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DB AG: Reaktionen auf Brandbrief

17.09.18 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Nachdem der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz seine Kollegen über die nicht erreichten Konzernziele informiert hat, folgten in den vergangenen Tagen die Stellungnahmen verschiedener Branchenakteure.

Philipp Kosok, Eisenbahnexperte im Verkehrsclub Deutschland: „Ist der vermeintlich konzerninterne Brandbrief von DB-Chef Lutz nicht doch ein für die Öffentlichkeit bestimmter Hilferuf an die Bundesregierung? Die Bundesregierung spricht zwar von einer Verkehrsverlagerung auf die Schiene. Tatsächlich verzichtet sie bei Urlaubsflügen weiterhin auf eine Kerosin- oder Mehrwertsteuer und legalisiert Gigaliner auf der Autobahn. So eine Politik setzt natürlich das staatseigene Bahnunternehmen enorm unter Druck. Wenn die Bundesregierung es mit der Verkehrsverlagerung auf die Schiene ernst meint, muss sie faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsmitteln schaffen.“

Sein Kollege Matthias Lieb, Landesvorsitzender in Baden-Württemberg, spricht in diesem Zusammenhang vor allem über Stuttgart 21. Lieb: „Wenn jetzt am falschen Ende gespart wird, könnte der Bahnkonzern noch tiefer in die Krise fallen. Anstatt bei der Modernisierung von Fahrzeugen und dem Streckennetz, sollte bei Milliardenprojekten wie Stuttgart 21 gespart werden. Die ungedeckten Mehrkosten von rund vier Milliarden Euro dieses politisch gewollten Projektes muss derzeit die Deutsche Bahn schultern. Die Verantwortung trägt aber die Bundesregierung. Deshalb müsste sie für die Mehrkosten aufkommen.“

„Der VCD hat bereits im Sommer bei einer Anhörung im Bundestag Vorschläge unterbreitet, wie bei Stuttgart 21 noch immer sinnvoll gespart werden kann, ohne das Vorhaben komplett abzubrechen. Auf den geplanten unterirdischen Fernbahnhof am Stuttgarter Flughafen kann man problemlos verzichten – zugunsten einer Lösung wie in Düsseldorf. So ließe sich in den nächsten Jahren rund eine dreiviertel Milliarde Euro einsparen“, so Matthias Lieb weiter.

Bei Pro Bahn fordert man indes ein „Zusammenrücken des Systemverbundes Schiene“. „Man braucht häufig schon das Bahn-Abitur, um auch bei kleinen Verspätungen beim Umsteigen den besten Zug zu finden, der die Verspätung nicht noch weiter anwachsen lässt“, stellt der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann aus leidvoller Erfahrung fest. „Jetzt muss endlich etwas passieren, sonst geht es nicht nur mit der DB, sondern mit dem ganzen System Bahn den Bach herunter.“

Keiner darf sich selbst auf Kosten des anderen optimieren. Es geht immer um das Ganze. So sind Reservezüge, manche Abstell- und Überholgleise sowie die Elektrifizierung von Nebenstrecken für sich unwirtschaftlich, helfen aber dem Gesamtsystem im Störungsfall den Betrieb aufrecht zu erhalten – und die Vorteile des integrierten Konzerns nutzen. Hier können wir als Fahrgäste Beispiele bringen, wo das Sparen teuer geworden ist. „Der Brief ist eine schonungslose Analyse dessen, was im Unternehmen DB nicht gut läuft“ ergänzt Bundesvorstand Lukas Iffländer.

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