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Klingt kompliziert, ist es auch

13.07.17 (Bayern, Kommentar, München) Autor:Stefan Hennigfeld

Fassen wir zusammen: Die Bayerische Eisenbahngesellschaft sucht für die Anschaffung der neuen S-Bahntriebzüge einen Kreditgeber, Kreditnehmer wird aber der Betreiber selbst sein. Erst wenn dessen Zahlung ausfällt, wird eine Bürgschaft des Aufgabenträgers fällig. Obwohl die Züge im Eigentum des Betreibers stehen, soll im Falle eines Betreiberwechsels nach der Folgeausschreibung der Übergang vom dann alten an den neuen Betreiber gewährleistet sein. Klingt kompliziert, ist es auch.

Und vor allem vereint es alle Nachteile, die es für einen Aufgabenträger geben kann. Ja, wenn der Besteller selbst Eigentümer des Rollmaterials ist, dann gehen damit Investitionsrisiken einher. Denn was passiert denn, wenn die Züge ihre Zulassung verlieren oder aus anderen Gründen nicht mehr fahren dürfen? Oder wenn ein Hersteller durch die Folgen von Zulassungsproblemen in Zahlungsschwierigkeiten gerät und vielleicht sogar Insolvenz anmelden muss?

Das Problem ist: Diese Risiken trägt die BEG bei dieser Konstellation auch. Sollten irgendein privater Akteur nicht mehr in der Lage sein, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen, wird eine Landesbürgschaft fällig. Man verzichtet also auf die Vorteile eines eigenen Fuhrparks, nimmt dennoch sämtliche mit der Anschaffung einhergehenden Risiken auf die eigene Kappe.

Dabei muss natürlich grundsätzlich sagen, dass der Aufgabenträger in jedem Fall betroffen ist, wenn eine ganze S-Bahnflotte nicht mehr fahren darf. Man stelle sich mal vor, die Fahrzeuge der Münchener S-Bahn werden morgen vom Eisenbahnbundesamt – warum auch immer – zum Stillstand verdonnert. Sagt die BEG dann ernsthaft „Das ist nicht unser Problem, das ist Sache des Betreibers?“

Selbstverständlich ist auch in so einem Fall der Aufgabenträger verantwortlich. Das gilt umso mehr, wenn wegen dadurch entstehender finanzieller Verpflichtungen irgendein Akteur Zahlungsschwierigkeiten bekommt und die Bürgschaft fällig wird. Warum also macht man nicht unabhängige Fahrzeugbeschaffungen wie etwa in Nordrhein-Westfalen?

Hier stehen die Fahrzeuge im Eigentum des Aufgabenträgers und der Gewinner der Ausschreibung muss sie mieten. Dass man das auch mit Gebrauchtfahrzeugen kann, hat man ebenfalls im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr gesehen: Der Aufgabenträger kauft DB Regio die Züge ab. Ein solches Modell hätte auch in Bayern funktionieren können.

Dabei kann man natürlich lang und breit diskutieren, wer für die Instandhaltung der Züge verantwortlich sein soll: Der Hersteller? Der Betreiber? Soll die Instandhaltung vielleicht generell separat vergeben werden? In jedem Fall hat man eine Situation, in der es kaum möglich ist, an zentralen Punkten des Netzes eine neue Werkstatt zu errichten.

Die DB AG hat, aus alten Bundesbahn-Zeiten, Liegenschaften in München. Der Neubau einer Werkstatt würde schon an der Unfinanzierbarkeit der notwendigen Liegenschaft scheitern. So braucht man also auch hier Lösungen im Sinne des Wettbewerbs. Bei der Münchener S-Bahn sieht es nicht danach aus, als würde der Aufgabenträger es schaffen, die anstehenden Vergaben für neue Bieter interessant zu machen.

Siehe auch: BEG plant Münchener S-Bahnvergabe

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