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BEG plant Münchener S-Bahnvergabe

13.07.17 (Bayern, München) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat angekündigt, für zunächst zwei Jahre eine Übergangsvergabe der Münchener S-Bahn an DB Regio durchführen zu wollen. Der im Dezember 2017 endende Verkehrsvertrag wird bis voraussichtlich Dezember 2019 verlängert. Im Anschluss daran ist eine zwölfjährige Neuausschreibung in nur einem Los vorgesehen. Hintergrund ist die komplexe Betriebslage im Zusammenhang mit der Eröffnung der zweiten Tunnelstrecke unter der Münchener Innenstadt.

Die Leistungen der Betriebsstufe 1 (bis zur Inbetriebnahme der neuen Strecke) entsprechen grundsätzlich den Anforderungen des Übergangsvertrages. Grund hierfür sind sowohl die infrastrukturellen Randbedingungen als auch die begrenzte Anzahl an zur Verfügung stehenden S-Bahn-Fahrzeugen. Neben punktuellen Fahrplanverbesserungen und einzelnen Kapazitätserweiterungen werden bereits im Übergangsvertrag zusätzliche Anreizkomponenten für mehr Pünktlichkeit und Qualität gesetzt.

Außerdem sieht dieser die Modernisierung der kompletten Fahrzeugflotte vom Typ ET 423 vor. Dadurch sollen vor allem vorhandene Kapazitäten besser genutzt, eine höhere Betriebsstabilität erreicht, die Fahrgastinformation verbessert und die Sicherheit erhöht werden. Im Rahmen des Übergangsvertrags werden darüber hinaus bis zu 21 zusätzliche Fahrzeuge vom Typ ET 420 beschafft und – ebenso wie die bereits heute auf verschiedenen Außenästen eingesetzten 15 Fahrzeuge dieses Fahrzeugtyps – für die Fahrt durch den Stammstreckentunnel ertüchtigt.

Die Fahrzeuge aus alten Bundesbahn-Beständen befinden sich seit ihrer Gründung im Eigentum der DB AG, die nun in die Fahrzeuge investieren muss. Mit Inbetriebnahme der zweiten Tunnelstrecke kann Betriebsstufe 2 realisiert werden. Erst mit deren Fertigstellung kann die BEG das Angebot für die Fahrgäste spürbar verbessern und deutlich mehr Verkehrsleistungen bestellen. Das Startkonzept sieht unter anderem eine Steigerung von heute rund 950 auf künftig rund 1.250 Zugfahrten pro Tag durch die beiden Stammstreckentunnel vor.

Die im Münchner S-Bahn-Netz zurückgelegten Zugkilometer pro Jahr werden um rund 45 Prozent erhöht. Der Grundtakt auf den meisten Linien soll von 20 auf 15 Minuten wechseln. Zusätzlich sollen Express-S-Bahnen nach Mammendorf, Herrsching, Ebersberg und zum Flughafen im 30-Minuten-Takt verkehren. Darüber hinaus sollen sogenannte Regional-S-Bahnen eingeführt werden. Diese fahren weit über das heutige MVV-Gebiet hinaus – nämlich nach Buchloe und Landshut sowie – im Wechsel mit der Express-S-Bahn nach Mammendorf – in Richtung Mering/Augsburg.

Im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens zum ersten S-Bahn-Vertrag ist vorgesehen, dass zunächst gebrauchte, stammstreckentaugliche S-Bahn-Fahrzeuge eingesetzt werden können, die dann sukzessive durch eine neue Fahrzeuggeneration ersetzt werden sollen. Da die Beschaffung von Neufahrzeugen hohe Investitionen erfordert, beabsichtigt die BEG, dem Verkehrsunternehmen, welches die Fahrzeuge beschafft, finanzielle Risiken teilweise abzunehmen und somit dessen Planungssicherheit zu erhöhen.

„Um zusätzlich möglichst günstige Finanzierungskonditionen zu erhalten, will die BEG die für die Beschaffung der Neufahrzeuge erforderliche Finanzierung selbst organisieren und dem künftigen Betreiber des S-Bahn-Netzes beistellen“, erklärt Thomas Prechtl, Geschäftsführer der BEG. Der Freistaat erleichtere die Finanzierung zudem durch eine Kapitaldienstgarantie. Diese Garantie des Freistaats schließt den Zahlungsausfall des Verkehrsunternehmens gegenüber dem Finanzier aus.

Dadurch verspricht sich die BEG günstigere Finanzierungskonditionen. Hinzu kommt das Instrument der Wiedereinsatzgarantie, die gewährleistet, dass die im ersten Vertrag beschafften Neufahrzeuge auch im Folgevertrag zum Einsatz kommen. Bei einem möglichen Betreiberwechsel vom soll garantiert werden, dass die Fahrzeuge zu klar geregelten Bedingungen auf einen eventuellen neuen Betreiber übergehen.

Die Züge stehen aber nicht im Eigentum des Freistaates, auch wenn dieser Investitionsrisiken in Form der Bürgschaft bzw. Kapitaldienstgarantie übernimmt. In jedem Fall aber soll die Folgevergabe ab Dezember 2031 in mehreren Losen erfolgen. Bis dahin geht man davon aus, dass sich die Betriebslage nach der Eröffnung der zweiten Tunnelstrecke stabilisiert hat. Dann könnten im Prinzip auch mehrere Unternehmen die S-Bahn gemeinsam betreiben.

Siehe auch: Klingt kompliziert, ist es auch

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