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Netzbeirat bewertet BVWP-Entwurf

13.06.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Netzbeirat hat sich mit dem Entwurf zum Bundesverkehrswegeplan 2030 auseinandergesetzt. Mit Zustimmung, aber auch mit leichter Skepsis zu Finanzierung und Kategorisierung hat das Gremium den vor einigen Wochen vorgestellten Entwurf zur Kenntnis genommen.

„Als Kernziele wollte das Bundesverkehrsministerium die Leistungsfähigkeit der Verkehrsnetze sicherstellen sowie eine strengere Bewertung und Priorisierung der Projekte vornehmen. Dies ist – was die Schiene betrifft – aus Sicht des Gremiums gelungen. Damit geht er konform mit der Netzkonzeption 2030 von DB Netz, die ebenfalls einen kapazitäts- und fahrplanorientierten Ausbau der Schieneninfrastruktur erfordert“, so Norbert Reinkober, Vorsitzender des Netzbeirats und Geschäftsführer des Köln-Bonner Aufgabenträgers Nahverkehr Rheinland.

Der Netzbeirat wurde zwar bei der Erarbeitung des BVWP nicht mit eingebunden, die Mitglieder konnten jedoch durch eine intensive Beteiligung an der von der DB Netz AG erstellten Netzkonzeption 2030 sehr gute Einblicke in die wichtigsten Projekte erlangen. Die Ziele der „Netzkonzeption 2030“ sind die Beseitigung von Engpässen entlang der Strecke, eine Optimierung der Betriebsführung von Personen- und Güterverkehr, die Beseitigung von Engpässen in den Eisenbahnknoten und der marktgerechte, also bedarfsgerechte Ausbau der Schieneninfrastruktur.

Die Zielsetzungen des BVWP und der Netzkonzeption 2030 sind in diesem Bezug somit größtenteils identisch. So wird das Ziel der Beseitigung von Engpässen durch die Ertüchtigung auch von vorhandenen Strecken bspw. auf den Abschnitten Uelzen – Stendal – Magdeburg – Hof – Regensburg (Ostkorridor) oder zwischen München bis Freilassing verfolgt. Hier können die Verkehrsunternehmen ansetzen und die daraus resultierenden höheren Kapazitäten für die Abwicklung der auf den Eisenbahnmarkt zurollenden Verkehrspotentiale nutzen.

Darüber hinaus fordert der Netzbeirat bei wesentlichen Inhalten des BVWP eine sachgerechte Nacharbeit. Der Netzbeirat kritisiert, dass im BVWP einfache, die Auslastungen des Netzes verbessernde Maßnahmen, wie die Ertüchtigung des Netzes für normallange Güterzüge von 740 Metern nicht in einer ersten Priorität Beachtung gefunden haben. „Es ist bedauerlich, dass wichtige Schienenausbauprojekte für die durchgehende Befahrbarkeit mit langen Güterzügen und zur Verbesserung der überlasteten Knoten nicht in der Rubrik ‚Vordringlicher Bedarf‘ zu finden sind“, bemängelt Reinkober.

So würde die Netzkapazität (beispielsweise auf der Strecke zwischen Emmerich und Basel) durch eine Steigerung auf 740 Meter Zuglänge signifikant und schnell steigen. So kann wichtige Zeit gewonnen werden, die für die Planung von Neu-oder Ausbaumaßnahmen benötigt wird. Das ist, unabhängig von großen Leistungsausweitungen und Leuchtturmprojekten, für die allgemeine Betriebsstabilität ganz besonders wichtig. Streckenblöcke werden schneller freigegeben und einzelne zusätzliche Weichen ermöglichen Parallelfahrten und halten den Verkehr aufrecht.

Gerade die großen Eisenbahnknoten als Flaschenhälse des deutschen Netzes müssen dringend ertüchtigt werden. Die für die Großknoten (Frankfurt, Hamburg, Köln, Mannheim und München) hinterlegten 2,5 Milliarden Euro dürften aller Voraussicht nach nicht ausreichen. Zu hinterfragen bleibt aus Sicht des Netzbeirates dennoch, warum das bei der BVWP-Bewertung zu Grunde liegende Netzmodell keine nennenswerten Mehrleistungen im SPNV zulässt.

Solche SPNV-Mehrleistungen, die insbesondere in der zweiten Hälfte der BVWP-Geltungsperiode aufgrund der Nachfrageentwicklung erwartet werden, sind nicht annähernd erfasst. Spannend ist dies gerade unter dem Aspekt einer Mischnutzung des Netzes. Denn auch die Baumaßnahmen des SPNV fanden kaum eine Beachtung – obwohl sie sich entlastend auf alle Verkehrsarten auswirken.

Der fahrplanorientierte Ausbau als Grundlage des Deutschland-Takts ist zwar als Grundprinzip in den BVWP eingeflossen, für den Deutschland-Takt findet sich aber nur ein Platzhalter für „kleine Maßnahmen“ mit einer Summe von 750 Millionen Euro. Der deutschlandweite Zielfahrplan zur Definition der dazu notwendigen Maßnahmen muss jedoch erst erarbeitet werden. Deutlich ist aber auch hier eine Marktorientierung des BVWP zu erkennen – der Fahrplan bestimmt die Infrastrukturentwicklung. Der Netzbeirat wird die Verwendung dessen auch weiterhin beobachten.

Siehe auch: Gesamtstaat oder Streit zwischen Land und Bund?

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