Neuer Streit um Via Verkehr
13.04.15 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld
Seit knapp fünf Jahren ist die Via Verkehr für die Durchführung der ÖPNV-Leistungen in den Städten Essen, Mülheim und Duisburg verantwortlich. Eine Fusion der dortigen Unternehmen EVAG, MHVG und DVG hat es nicht gegeben, dafür aber war vorgesehen, durch eine verbesserte Zusammenarbeit Synergien freizusetzen und die Kosten zu senken. Das hat jedoch bislang genauso wenig geklappt wie beim Vorgängerprojekt Meoline, in dem Mülheim, Essen und Oberhausen erfolglos versucht haben, ihre Organisation gemeinsam wirtschaftlicher machen zu können.
Hintergrund ist dass die Düsseldorfer Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne) bei den drei betroffenen Oberbürgermeistern „dringenden Handlungsbedarf“ in Sachen ÖPNV angemeldet hatte. „Essen und Duisburg nehmen am Stärkungspakt teil, Mülheim hat im vergangenen Jahr seine bilanzielle Überschuldung feststellen müssen. Die Städte sind verpflichtet, alle Einsparmöglichkeiten zu nutzen. Dennoch liegen die Zuschüsse für den ÖPNV pro Einwohner in den drei Städten deutlich höher als beispielsweise in den Bogestra-Städten mit vergleichbaren Verkehrsangeboten.“ Die Bogestra ist zwar größer als die EVAG, jedoch insgesamt etwas kleiner als die Via-Verkehrsgesellschaft, sodass sie eine insgesamt seriöse Bezugsgröße darstellt.
Wie die Via, so hat auch die Bogestra zwei voneinander völlig unabhängige Schienennetze in ihrem Unternehmen: Ein Tramnetz in Meterspur sowie die in Regelspur betriebene U35, die keinerlei betriebliche Verknüpfungspunkte mit den anderen Schienenangeboten hat. Daher hat auch die Bogestra z.B. zwei Werkstätten für Schienenfahrzeuge. Dabei ist die Bogestra nicht allein auf sich gestellt, sondern im Busbereich die Einkaufs- und Werkstattgenossenschaft Kooperation östliches Ruhrgebiet eingebunden – wodurch wiederum Synergieeffekte freigesetzt worden sind. Die Via hingegen ist nichts halbes und nichts ganzes.
Das sieht zumindest Regierungspräsidentin Lütkes so: Statt die Kooperation in der Via weiter voranzutreiben, verharre man bei einer wenig effektiven Zwischenlösung. Zudem seien Tendenzen zu erkennen, die bestehenden Strukturen in den drei Verkehrsunternehmen weiter zu festigen und die Kooperation insgesamt in Frage zu stellen. Lütkes fordert die Eigentümerstädte auf, dem entschieden entgegenzuwirken. Erforderlich sei eine gemeinsame verbindliche Strategie, um einen zukunftsfähigen, bedarfsgerechten und wirtschaftlichen ÖPNV im westlichen Ruhrgebiet sicherzustellen.“
Wolfgang Weber, Aufsichtsratsvorsitzender und SPD-Abgeordneter im Rat der Stadt Essen, hat sich über die Westdeutsche Allgemeine Zeitung zu Wort gemeldet und widerspricht der Darstellung aus Düsseldorf auf ungewohnt harscher Art und Weise: „Ich hab’ langsam den Kaffee auf. Ich bin wirklich verstimmt. Wenn die Bezirksregierung meint, man könne alles besser machen, dann soll sie doch die Geschäftsführung übernehmen.“ Was die Kosten der EVAG betreffe, so habe er ein „gutes Gewissen“. Zwar sei die Bogestra wirtschaftlicher als die EVAG bzw. die Via, jedoch könne er jeden einzelnen Punkt erklären, wieso das so sei. Die Bezirksregierung habe ihn jedoch nicht gefragt: „Mich ärgert, dass über uns und nicht mit uns gesprochen wird.“
Wie die Zeitung weiter berichtet, haben die drei Via-Unternehmen im Vergleich zur Bogestra 230 Verwaltungsstellen zu viel. In Düsseldorf wird man also unangenehm – und ist nicht länger bereit, die hohen Kosten zu tragen. Allerdings: Im Moment zumindest ist hier ausschließlich die Rede davon, dass die Via bzw. ihre drei Verkehrsunternehmen in der Zusammenarbeit eine engere Verzahnung anstreben, die Option, die Verkehrsleistungen auszuschreiben, wenn die Via nicht in der Lage ist, die Leistungen zu einem Preis zu erbringen, die es zumindest bei anderen Kommunalmonopolisten gibt, wird nicht in Betracht gezogen – zumindest nicht laut.
Im Bereich Mülheim sind alle Investitionen, die nicht den unmittelbaren Erhalt der Infrastruktur betreffen, ausgesetzt worden. Es gibt kein grünes Licht von der Bezirksregierung hier weiteres Geld freizugeben. Auch neue Stellen müssen zunächst intern besetzt werden, nur in besonderen Ausnahmefällen dürfen Mitarbeiter eingestellt werden. Dabei sind einige Dinge zwar besonders auffällig, jedoch nicht die alleinigen Probleme: So ist z.B. die Rede davon, dass es zu viele Dienstwagen gibt. Man könne mehr Verwaltungsmitarbeitern zumuten, mit Bus und Bahn zu Terminen zu fahren – man darf also gespannt sein.
Siehe auch: Die Sanierung ist misslungen