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EVG und GDL: Überlebenskämpfe zweier Gewerkschaften

21.08.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ein Streik dient dazu, oft sehr berechtigte Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber durchzusetzen. Er soll ökonomischen Druck ausüben, denn während die Fixkosten für Maschinen, Anlagen, etc. weiterlaufen, wird nichts mehr produziert. Das ist im Eisenbahnwesen größtenteils etwas anders. Hier fallen zwar Bestellerentgelte weg, wenn Züge nicht gefahren werden, aber der wirtschaftliche Schaden ist doch deutlich geringer als im Industriebereich.

Aber sei es drum, Warnstreiks und, wenn die Situation mit den Wochen und Monaten weiter eskaliert, auch längere Ausstände können ein Mittel zum Zweck sein, auch wenn es leider die Kunden (also die Endkunden und nicht die Aufgabenträger) trifft. Auch dann sind alle Beteiligten, anders als bei den Verdi-Streiks, die als jährliches Ritual zwischen 24 und 48 Stunden im kommunalen Bereich stattfinden, in der Vergangenheit immer sehr, sehr verantwortungsvoll mit der Sache umgegangen: Selbst bei der großen Auseinandersetzung 2007 und 2008 zwischen der Mehdorn-DB und der Schell-GDL dauerte der längste Ausstand nicht länger als 84 Stunden und das, obwohl im Vorfeld bereits nicht nur Tarifverhandlungen, sondern auch ein Schlichtungsverfahren an unüberbrückbaren Konflikten in der Sache gescheitert war. Nun geht es aber nicht primär um die Interessen der Arbeitnehmer, denn diese ließen sich sicherlich, wie auch in den letzten Jahren, in relativ kurzen und konstruktiven Verhandlungen über die Bühne bringen.

Hier finden Machtkämpfe zwischen zwei Gewerkschaften statt und für beide geht es letztlich um existentielle Dinge. Die EVG, die eigentlich schon 2001 (damals noch unter dem Namen Transnet) mit in die Verdi hätte verschmolzen werden sollen, braucht nicht nur einen starken DB-Konzern im Markt, sondern in diesem auch eine gute Stellung. Angesichts der Debatten über Herstellerwartung (IG-Metall) und gesonderte Vertriebsausschreibungen (Verdi) braucht man die Lokführer zurück unter seine Fittiche. Ob die EVG ansonsten dauerhaft, also nicht über zwei, sondern über zehn oder zwanzig Jahre wird lebensfähig sein, ist fraglich. Aktuell wird die Konzernstruktur der DB AG durch das vierte Eisenbahnpaket bedroht, mit der Direktvergabe ist eine der wichtigsten Einnahmequellen verloren gegangen und aus unternehmenspolitischer Sicht zumindest nachvollziehbare Ankündigung, Rendite vor Marktanteil zu setzen, sorgen dafür, dass dunkle Wolken über dem Himmel der „Gewerkschaft aller Eisenbahner“ aufziehen.

Das gilt in ähnlicher Form auch für die GDL: Wenn man die Tarifhoheit für die Triebfahrzeugführer im DB-Konzern verliert, wird man auf Dauer nicht überleben können. Bestrebungen, sich auch im kommunalen ÖPNV zu engagieren, wurde vor einigen Jahren durch die Gründung der Nahverkehrsgewerkschaft im DBB unterlaufen. Die GDL braucht für ihre eigene Zukunft einen Tarifvertrag zumindest für ihre ureigene Berufsgruppe im DB-Konzern. Hier kämpfen also zwei Gewerkschaften nicht nur um Macht, sondern auch ums Überleben und davon wird der anstehende Tarifkonflikt nicht einfacher. Allerdings: Streiks schaden der Eisenbahn in jedem Fall erheblich.

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