Wir fordern dies, wir fordern das, aber was tun wir selbst?
05.12.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Dass eine große deutsche Sonntagszeitung ein ausführliches Spitzengespräch zum Thema Infrastrukturfinanzierung abdruckt, ist ein großer Erfolg. Noch vor ein paar Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass man mit einem so langweiligen Thema in die Tagespresse kommt. Dabei ist es Insidern natürlich nicht neu und wer schon einige Jahre dabei ist, der wird sich erinnern, wie man oft vergeblich versucht hat, für diese Themen ein Forum zu finden. Aufwendige Hintergrundgespräche wurden mit Journalisten zum Thema geführt, um mit viel Geduld die Finanzierungswege und gesetzlichen Grundlagen zu erläutern, nur damit dann doch nichts in der Presse auftauchte. Doch Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt, dazu muss man der gesamten ÖV-Branche zunächst einmal gratulieren!
Ein Infrastrukturfonds, da haben die Herrschaften ja recht, gewährleistet langfristige Planungssicherheit. Man verhindert, dass finanzpolitische Begehrlichkeiten geweckt werden, das Geld kann man nicht für kurzfristige Wahlkampfgeschenke oder andere Dinge nutzen, weil die gewählten Politiker keinen Zugriff darauf haben. Aber genau hier kommt schon eine Schattenseite ins Spiel. Natürlich hat die öffentliche Hand die Pflicht, die Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur auskömmlich zu finanzieren. Es stellt sich aber die Frage, wie demokratisch eine politische Entscheidung noch ist, wenn man legitimierten Mandatsträgern die Hoheit über die Verwendung des Steueraufkommens entzieht.
Nehmen wir die Länder als Beispiel: Die meisten haben sich entschieden, die nicht zweckgebundenen Ausgleichszahlungen für die gesunkenen Regionalisierungsgelder anderweitig zu nutzen. Aber wenn ein demokratisch gewähltes Landesparlament in seinem mehrheitlich beschlossenen Haushalt eine solche Entscheidung trifft, dann gilt es das auch zu akzeptieren. Dass man geschlossene Fonds für eine verlässliche Infrastrukturfinanzierung braucht, ist ein Indiz für Beliebigkeit in der Politik. Da werden die Gelder mal für dieses, mal für jenes raus gehauen, je nachdem, wer gerade eine bessere Lobby hat. Das sagt bedauerlicherweise mehr über den Zustand unserer Politik aus als über die Aufgaben der öffentlichen Hand. Doch unabhängig davon müsste man auch etwas mehr Selbstkritik von der ÖV-Branche erwarten. Da stellen sich die Herrschaften immer wieder hin und fordern mehr Geld, mehr Geld und nochmal mehr Geld – und weil der Modal Split nach wie vor eine Kastrophe ist (auf Nachfrage heißt es gelegentlich, er sei „nicht gesunken“, was an Realsatire kaum zu überbieten ist), argumentiert man mit vermeintlich moralischer Überlegenheit.
Dabei sollte man sich für die nächsten vier Jahren einmal intensiver mit all den Dingen beschäftigten, für die man eben nicht mehr Geld braucht, sondern die man mit mehr Unternehmergeist und weniger Beamtenmentalität regeln kann. Z.B. müssen regionale und kommunale ÖPNV-Aufgabenträger dazu angehalten werden, ihre Verkehrsleistungen an die nächsthöhere Stufe, sprich den SPNV anzupassen. Gleichzeitig muss ein besseres Controlling her, um Qualität und Zuverlässigkeit zu erhöhen. Damit sollte die Branche in Vorleistung treten!