Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Der VDV und sein Verhältnis zum Wettbewerb

10.01.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der VDV ist der Verband der Verkehrsbetriebe und nicht der Fahrgäste. Er hat daher die Interessen der Mitgliedsunternehmen zu vertreten – auch der Europäischen Kommission gegenüber. Wenn man aber offen schreibt, dass die Fahrgastzufriedenheit ein wenig geeigneter Wert sei, um über freihändige Vertragsverlängerungen zu entscheiden, dann lässt eine solche Aussage tief blicken: Der VDV ist sehr weit weg vom Endkunden und ob dieser zufrieden ist oder nicht spielt keine Rolle. Eisenbahn und ÖPNV werden hier zum Selbstzweck statt öffentlicher Daseinsvorsorge. Da ist es kein Wunder, dass man sich für den schlechten Modal Split nicht interessiert. Politiker kann man schon beeindrucken, wenn man sich für steigende Fahrgastzahlen selbst feiert – dass man allenfalls das erhöhte Gesamtverkehrsaufkommen abbildet, wissen nur einige Fachleute.

Der VDV steht seit jeher für Marktabschottung und Pfründesicherung. Wettbewerb und Liberalisierung waren stets nur ein notwendiges Übel. Doch die jetzige Stellungnahme zeigt, welche Mentalität beim VDV und somit auch seinen Mitgliedsunternehmen vorherrscht. Der Forderungen nach Direktvergaben im SPNV – vorzugsweise natürlich an DB Regio – liegt ein merkwürdiges Rechtsverständnis zugrunde: Eine juristische Legitimation von Hinterzimmerdeals. Denn einen Anspruch auf eine Direktvergabe gibt es per definitionem nicht, sie ist stets ein Akt der Gnade des Aufgabenträgers. Gnade, so hat sie der Kabarettist Georg Schramm einmal definiert, ist die schöne Schwester der hässlichen Willkür. Und da wird klar, was eine Direktvergabe ist: Eine Kombination aus staatlicher Willkür und Günstlingswirtschaft. Das will der VDV ermöglichen.

Auch bei der Frage nach angemessenen Preisen in unterschiedlichen Verkehrsverträgen will der VDV ein Einfallstor für fragwürdige Deals schaffen. Natürlich muss man jedes Netz für sich betrachten, denn ansonsten kann ein Anbieter – in der Realität wird das niemand anderes als DB Regio können – beim Netz A einen hohen Preis erhalten und dafür beim Netz B mit „politischen Preisen“ bieten.

Dass es als Ausschreibung getarnte Direktvergaben auch trotz Abellio-Urteil gibt, ist kein Geheimnis. Jeder Aufgabenträger, der DB Regio was zuschustern will, kann das tun. Man kann der DB erlauben, bestimmte Verstärkerleistungen mit Silberlingen aus den Beständen der Deutschen Bundesbahn zu fahren oder aber dem Unternehmen die Züge erst schenken und dann eine Ausschreibung machen. Seltsamerweise kritisieren DB Regio und VDV die Anschaffung von Rollmaterial durch die öffentliche Hand immer nur dann, wenn die Züge dem wirtschaftlichsten Bieter zur Verfügung stehen. Deshalb muss Brüssel hart bleiben. Ja zu fairem Wettbewerb – auch im ÖPNV. Marktwirtschaft ist die Grundlage unseres gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes!

Kommentare sind geschlossen.