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HKX: Freier Wettbewerb und ganzheitliche Organisation

30.07.12 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Zunächst einmal ist der Start des Hamburg-Köln-Express eine gute Nachricht, vor allem für Wenigfahrer. Die Normalpreise im Fernverkehr der Deutschen Bahn sind für viele Menschen unerschwinglich und die Eisenbahn ist allein deshalb vom Image des Arme-Leute-Verkehrsmittels weggekommen, weil Autofahren in vielen Fällen – gerade für mehrköpfige Familien – schlicht billiger ist als den Zug zu nehmen.

Da kommt der HKX gerade recht. Auch andere Bestrebungen, private Fernzüge etwa nicht über Münster, sondern über Bielefeld aus dem Ruhrgebiet nach Hamburg fahren zu lassen oder parallel zum ICE nach Berlin, gehen grundsätzlich in eine gute Richtung. Zum einen wird auch im Fernverkehr ein Wettbewerbsdruck auf die DB AG ausgeübt, zum anderen wird die Eisenbahn auch wieder für solche Leute eine Verkehrsalternative, die nicht mal eben dreistellige Beträge für die Hin- und Rückfahrt als Spesen abrechnen können.

Doch Vorsicht ist geboten: Die Tendenz, die bei der DB AG vielfach kritisiert wird, die gibt es bei Wettbewerbsbahnen erst recht: Man fährt natürlich nur dort eigenwirtschaftlich, wo sich angemessene Renditen erzielen lassen. Im Zweistundentakt an der Ostseeküste entlang oder durchs Paderborner Land wird niemand fahren. Deshalb braucht es auch im Fernverkehr die ordnende Hand.

Um beim konkreten Beispiel HKX zu bleiben: Dieser dreimal am Tag verkehrende Zug fährt südlich von Münster die Trasse des RE 2 kaputt. Der Halt in Münster-Albachten entfällt immer dann, wenn der HKX dazwischen kommt. So kann jeder fahren wie er will und wer eine Expresstrasse bestellt, der wird im Vergleich zur Takttrasse bevorzugt behandelt – dabei interessiert es niemanden, dass der Taktverkehr die wirtschaftliche Existenz der allermeisten Eisenbahnstrecken sichert.

Deshalb muss man aufpassen, dass es auch im Fernverkehr einen Ordnungsrahmen gibt. Es nutzt letztlich wenig, wenn auf einigen wenigen, zufällig attraktiven Verbindungen mehrere Anbieter nebeneinander herfahren, während auf den meisten Strecken nur bestellter Regionalverkehr unterwegs ist. Der Fernverkehr ist und bleibt trotz InterConnex und HKX in einer schweren Krise. Es wird daher Zeit, sich von einer zentralen Lebenslüge der Eisenbahnreform zu verabschieden: Der Annahme, dass SPFV per se überall ohne öffentliche Zuwende auskömmlich zu fahren ist. Das ist nicht der Fall.

Da nutzen Bestrebungen der DB AG auch nichts, sich ihre Fernzüge von den Regionalverkehrsbestellern auf einigen Abschnitten alimentieren zu lassen. Das ist zum einen ordnungspolitisch inakzeptabel, denn es handelt sich faktisch um eine Direktvergabe, wenn ein öffentlich bestellter Zug umlauftechnisch mit einem eigenwirtschaftlichen Fernverkehrszug verbunden ist. Es ist jedoch ebenso fragwürdig, dass eine Landesorganisation aus einem Etat, der für die Flächenerschließung gedacht ist, Leistungen zur Daseinsvorsorge bestellt, die eigentlich Sache des Bundes ist.

Aus diesem Grund muss man, ganz gleich welche eigenwirtschaftlichen Züge es geben mag, das Prinzip des SPFV grundlegend überdenken. Bestellter Fernverkehr – unter Beibehaltung der unternehmerischen Freiheit des Betreibers. Es ist ein Dilemma, das es im Interesse der Fahrgäste zu lösen gilt.

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