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SPD-Politiker nennt Bahn „Sanierungsfall“

21.12.10 (Allgemein) Autor:Jürgen Eikelberg

Alle reden vom Wetter. Wir nicht.Garrelt Duin, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag nennt die Bahn einen „Sanierungsfall“. Er fordert die Bundesregierung auf, einen „Rettungsplan“ für das Unternehmen aufzustellen, um die „dramatische Lage“ zu beenden. „Nur weil es einige Grade friert und normale Mengen Schnee fallen, kommen seit Wochen Hunderttausende zu spät zur Arbeit und Urlauber verpassen Anschlüsse.“ 

Duin: „Die Deutsche Bahn erklärt selbst ihren Bankrott, wenn sie potenzielle Kunden von einer Bahnfahrt abrät. Sie ist personell auf Kante genäht, die Züge sind technisch gegen Hitze und Kälte zu schwach gerüstet, viele Schienen sind veraltet, es mangelt an Heizungen für Weichen oder, wenn vorhanden, bleiben sie aus Kostengründen kalt.“

„Die Folgen: Kaum ein Zug ist pünktlich, viele Züge fallen aus, ICE auf Hauptstrecken werden halbiert, so dass nahezu alle Züge total überfüllt, Reisende fühlen sich wie Sardinen in der Dose. Reservierungssysteme sind wochenlang kaputt, andererseits verkauft die Bahn noch 50 Minuten vor der fahrplangemäßen Abfahrt Sitzplatzreservierungen für Waggons, die gar nicht vorhanden sind.“

Viel interessanter ist aber das, was der Sozialdemokrat verschweigt: Die SPD war zwischen 1998 und 2009 elf Jahre an der Bundesregierung beteiligt, in dieser Zeit stellte die Partei auch sämtliche Bundesverkehrsminister. Das ursprüngliche Ziel der Bahnreform war, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Nachdem der Sozialdemokrat Gerhard Schröder 1998 Bundeskanzler wurde, hat er dieses Ziel aufgegeben. Statt dessen sollte die Bahn in ihrem damaligen Ist-Zustand als integrierter Konzern an der Börse verkauft werden.

Entsprechend hat die Bahn ihr Unternehmen strikt nach Renditeerwartungen ausgerichtet. Gerade im eigenwirtschaftlichen Fernverkehr hat das zu katastrophalen Ergebnissen geführt. Die von Guin kritisierten fehlenden Weichen sind die Folgen der Jahre 1998 bis 2009. Erst CSU-Verkehrsminister Ramsauer rückte von dem Plan ab, die Bahn zu privatisieren.

Seit etwas mehr als einem Jahr ist die SPD in der Opposition und verlangt von der Bahn genau das Gegenteil dessen, was die sozialdemokratischen Verkehrsminister elf Jahre gefordert haben. Auch Behauptungen, dass die von Schwarz-Gelb ab 2011 geforderte jährliche Bahndividende dafür verantwortlich sei, sind bei näherer Betrachtung nicht haltbar. Jährliche Dividenden müssen in der mittelfristigen Finanzplanung des Konzerns nach einem möglichen Börsengang ohnehin geplant gewesen sein. Zumindest, wenn die sozialdemkratischen Verkehrsminister die Privatisierung auch nur einigermaßen seriös vorbereitet haben.

Bild: Deutsche Bahn AG

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