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Die Weichen für die Zukunft stellen

07.06.21 (Berlin, Brandenburg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Fahrzeuge, die auf elektrifizierten Abschnitten aus der Oberleitung nachladen können, um dann auf anderen Strecken mit Batteriebetrieb fahren zu können, haben auf dem Papier schon lange existiert und werden jetzt im Netz Ostbrandenburg Realität. Das ist auch richtig so, denn über weite Strecken unter Fahrdraht in Dieseltraktion zu fahren, weil es einige Strecken ohne Oberleitung gibt, hat mit Effizienz nichts zu tun.

Natürlich muss die elektrifizierte Eisenbahn die Regel in Deutschland sein. Bevor man irgendeine utopische Wasserstofftraktion mit allen möglichen Subventionen künstlich hochhält, muss man sehen, was auf dem Markt passiert. Es war daher richtig, die Entscheidung freizugeben, ob man mit Batteriespeicherfahrzeugen oder, mit Wasserstoffzügen oder irgendetwas anderem zu fahren.

Marktwirtschaft funktioniert nämlich auch in solchen Fragen und deshalb kann man hier sehen, dass es sehr wohl Veränderungen in der Traktionsart geben kann, aber nicht mit der politischen Brechstange. Nichtsdestotrotz muss man sich natürlich überlegen, an welchen Stellen auch ein Aufgabenträger selbst die Elektrifizierung finanzieren sollte. Nicht selten stellt man bei der Kostenberechnung fest, dass sich der Bau einer Oberleitung schon in der ersten Vertragsperiode amortisieren kann.

Es ist ja nicht mehr so, dass die Aufgabenträger Liquiditätsengpässe hätten, im Gegenteil: Es liegen Milliarden Euro nicht verausgabter Regionalisierungsgelder vor und gerade deshalb kann man diese auch für Infrastrukturinvestitionen nutzen. Man muss nicht immer warten, bis der Bund oder das Bundesunternehmen DB Energie tätig werden, sondern kann auch selbst an die Sache herangehen. Manches regelt man eben auch in Infrastrukturfragen vor Ort besser als aus dem Bahntower heraus oder dem Bundesverkehrsministerium.

Interessant ist aber noch ein weiterer Punkt bei Neuausschreibungen dieser Tage: Ist ein Verkehrsvertrag mit der Laufzeit von 2024 bis 2036 auf Dauer auskömmlich? Wie reagiert man bei unvorhergesehenen Kostensteigerungen, etwa weil die Bauaktivitäten steigen oder weil man höhere Tarifverträge hat, mit denen man jetzt noch nicht rechnen kann?

Eine große Rolle spielen auch die Ausbildungskosten: Bei den Verträgen, die jetzt bundesweit in die roten Zahlen laufen, hatte man zum Zeitpunkt der Angebotserstellung mit Null Euro Ausbildungskosten kalkuliert. Die Aufgabenträger wollten das damals so, es ist mitnichten ein Preisdumping gewesen. Die Aufgabenträger fanden es damals, sie waren selbst notleidend, richtig und angemessen, davon auszugehen, dass alle Nachwuchsgewinnung auf Dauer von externen Kostenträgern finanziert werden.

Wer damals mehrere hunderttausend Euro Ausbildungskosten im Jahr einkalkuliert hätte, hätte niemals einen Zuschlag bekommen. Wie verhält es sich mit diesem Verkehrsvertrag, der erst in der Mitte des kommenden Jahrzehnts enden wird? Das ist ein entscheidender Faktor, damit dieser Verkehrsvertrag auch bis 2036 laufen kann ohne dass jemand Probleme kriegt.

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