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Mofair fordert SPFV-Gesetz

30.04.18 (Fernverkehr, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche hat der Wettbewerberverband Mofair erneut die Umsetzung eines SPFV-Gesetzes gefordert. Ein solches ist bereits seit dem Beginn der Eisenbahnreform in Artikel 87e des Grundgesetzes festgeschrieben, existiert jedoch nicht. 2008, 2017 und erneut 2018 hat der Bundesrat jeweils einen solchen Gesetzesentwurf verabschiedet, eine Debatte darüber im Bundestag hat es allerdings in sämtlichen Fällen nicht gegeben.

Die Rechtsauffassung dieser und aller vorheriger Bundesregierungen lautet, dass überall dort per definitionem kein Verkehrsbedürfnis vorhanden sei, wo das Bundesunternehmen DB Fernverkehr nicht bereit ist, unter selbst gesteckten Renditezielen eigenwirtschaftlich zu fahren. Eigenwirtschaftlichkeit bedeutet auch, dass maximale „Fahrgastverdichtung“ den höchstmöglichen Gewinn nach sich zieht.

In den letzten Jahren mussten immer wieder überfüllte Züge durch die Bundespolizei geräumt werden – und das obwohl die Fahrgäste einen gültigen und längst bezahlten Fahrausweis hatten. Bei der DB AG gibt es Überlegungen, auf einigen Linien längere Züge einzusetzen. Einen Anspruch der DB AG gegenüber hat aber niemand.

Während der Aufgabenträger im Regionalverkehr die Kapazitäten festlegt und zu wenige Waggons Pönalisierungen nach sich ziehen, kann DB Fernverkehr im SPFV nach eigenem Ermessen Schalten und Walten, ohne dass es Konsequenzen gäbe. Entsprechend wurde auch bereits verlautbart, dass zusätzliche Kapazitätsgrößen nur bei entsprechender Unterstützung durch den Bund vorgehalten würden.

Das ist für Mofair-Präsident Stephan Krenz nicht akzeptabel: „Dass immer mehr Menschen mit dem Zug fahren wollen, ist doch gut. Gleiches gilt für den Einsatz von längeren Zügen. Was aber nicht geht, ist, dass der Bund einem einzelnen Unternehmen erneut finanzielle Beihilfen für die Beschaffung des rollenden Materials gewährt.“

Mofair-Vizepräsident Christian Schreyer ergänzt: „Auch Wettbewerbsbahnen stellen fest, dass die Züge erfreulicherweise immer voller werden. Die korrekte Lösung ist aber, eine wettbewerbsrechtlich saubere Lösung zu finden. Diese könnte darin bestehen, auf Bundesebene einen für den Fernverkehr verantwortlichen Aufgabenträger zu etablieren und Fernverkehrsnetze auszuschreiben. Eine weitere einseitige Subventionierung der eigenwirtschaftlich agierenden DB Fernverkehr darf es jedenfalls nicht mehr geben.“

In der vorvergangenen Woche hatte Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn, angeregt, ICE-Züge zu verlängern. Anlass war die deutlich gestiegene Zahl von Zwangsräumungen wegen überfüllter Züge. Lutz hatte dazu gesagt: „Unsere derzeitige Finanzkraft reicht jedenfalls nicht aus, um in den nächsten Jahren die notwendigen Investitionen allein zu stemmen.“

Für Mofair heißt das: „Wenn die Deutsche Bahn sich nicht mehr zu helfen weiß, wird nach dem Bund gerufen.“ Ende 2016 hatte die Deutsche Bahn bereits eine Extra-Finanzspritze erhalten, und zwar in Höhe von insgesamt 2,4 Milliarden Euro: Eine Milliarde Euro wurden direkt an den Konzern zur Stärkung des Eigenkapitals gegeben, weitere 1,4 Milliarden Euro wurden der DB AG indirekt gutgeschrieben, da der Bund über vier Jahre die Dividendenerwartung zurückschraubte.

Schon damals hatte Mofair angemahnt, dass finanzielle Maßnahmen zur Stärkung der Schiene dem Gesamtsystem und nicht einem einzelnen Unternehmen zugutekommen müssten Mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen erinnert: „Schon diesen Schritt haben die Haushaltspolitiker der Bundes nur äußerst schweren Herzens mitgetragen. Sie erinnerten an das Ziel der Bahnreform der Neunzigerjahre, die Zuführungen des Bundes an die Deutsche Bahn zu reduzieren. Angesichts der 2016er Finanzspritze beschlossen sie wörtlich: Damit ist ein wesentliches Ziel der Bahnreform verfehlt.“

Der Verband sieht angesichts der – höchst erfreulichen – Nachfragesteigerung im Schienenfernverkehr nur die Lösung, dass der Bund seiner im Grundgesetz Artikel 87e beschriebenen Verantwortung nachkommt und seinen Gewährleistungsauftrag auch für das Angebot im Schienenfernverkehr ernst nimmt. Die Initiative des Bundesrats vom Herbst 2016, die wegen der Diskontinuität angesichts der Bundestagswahl im März 2018 erneuert werden musste, weist in die richtige Richtung.

Man fordert daher den Bundestag auf, sich der Sache anzunehmen. Das gelte insbesondere auch, weil auch im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD erneut ein Deutschlandtakt vorgesehen ist. Eine konkrete Ausgestaltung und gesetzgeberische Organisation dieses Deutschlandtaktes ist dort aber, wie auch in früheren Koalitionsverträgen, nicht definiert.

Siehe auch: Allerhöchste Eisenbahn

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