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Diskussionen über Investitionskürzungen

12.02.24 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Angesichts der Regierungskrise in Berlin und der fehlenden Investitionsmöglichkeiten nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse im Bundeshaushalt gibt es Diskussionen, ob mögliche Neubauplanungen von Eisenbahnprojekten gestrichen werden müssen. Die DB AG erteilt dem eine klare Absage. Fakt ist, dass es aufgrund der schwierigen Haushaltslage Ende vergangenen Jahres kurzfristig erforderlich war, die zeitliche Abfolge der Vorhaben zu überprüfen.

Projekte, die bereits im Bau sind, werden unverändert fortgeführt. Bei allen anderen Projekten werden die Planungen fortgesetzt, um zeitliche Verzögerungen zu vermeiden, bis die Finanzierung vollständig geklärt ist. Dazu steht die DB in intensiven Gesprächen mit dem Bund – ob das Geld dann aber fließt, ist eine andere Frage.

DB-Infrastrukturvorstand Berthold Huber: „Wir stehen zu unserer Strategie der Starken Schiene und damit auch zu unseren Aus- und Neubauprojekten. Sie sind und bleiben ein integraler Bestandteil des größten Infrastrukturprogramms der DB-Geschichte, das in diesem Jahr mit der Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt/Main und Mannheim beginnt. Wir packen die aktuellen Kapazitäts- und Qualitätsprobleme des Verkehrsträgers Schiene mit voller Kraft an. Deshalb haben wir mit dem Bund vereinbart, dass unser Fokus zunächst auf der Erneuerung und Modernisierung des Bestandsnetzes sowie der Bahnhöfe liegt.“

Die Finanzierung der ersten Generalsanierungen im hochbelasteten Schienennetz und weitere Vorhaben, um den Zustand der Eisenbahninfrastruktur kurzfristig zu verbessern, sind für dieses und das kommende Jahr bereits absehbar im Haushalt gesichert. Das gilt auch für das Pilotprojekt der DB auf dem Weg zum Hochleistungsnetz: die Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt/Main und Mannheim.

Am 15. Juli beginnen auf der mit über 300 Zügen pro Tag am stärksten belasteten Bahnstrecke Deutschlands umfassende Sanierungsarbeiten. Die DB hat den dringenden zusätzlichen Finanzierungsbedarf für die Infrastruktur mit insgesamt 45 Milliarden Euro bis 2027 beziffert. Dieser umfasst auch die Neu- und Ausbauprojekte. Aktuell ist dieser Mehrbedarf noch nicht vollständig gedeckt und mit Mitteln hinterlegt. Um Lösungen für die Schließung der Finanzierungslücke zu erarbeiten, stehen Bund und DB in intensiven Gesprächen.

Schwere Kritik kommt vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Verbandspräsident Ingo Wortmann: „Wir dürfen der formalen Einhaltung der Schuldenbremse nicht die Funktionsfähigkeit und Qualität des Wirtschaftsstandorts Deutschland unterordnen. Was wir benötigen, ist eine verlässliche, langfristige und planbare Investitionsperspektive für den Ausbau und die Modernisierungen unserer Verkehrsinfrastrukturen. Die Berichte über die wegen der Kürzungen im Bundeshaushalt ausbleibenden Ausbauprojekte im deutschen Schienennetz sind mehr als beunruhigend. Mit Reparaturen allein kann das seit Jahrzehnten unterfinanzierte Netz nicht fit gemacht werden für die Anforderungen der Wirtschaft und des Klimaschutzes.“

„Die Kürzungen würden den geplanten Ausbau des Ostkorridors Stendal – Magdeburg – Halle und der Oberrheinschiene betreffen. Beide sind zentrale Achsen des Schienengüterverkehrs mit nicht nur nationaler, sondern europaweiter Bedeutung“, erklärt Wortmann.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert den Aufbau eines mehrjährigen Finanzierungsfonds, zu dem Finanzpolitiker ohne weiteres keinen Zugriff haben. Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD: „Jetzt tritt das ein, wovor wir gewarnt haben: Die notwendige Sanierung der Bahn-Infrastruktur gefährdet den ebenso notwendigen Ausbau von Bahnstrecken; die Digitalisierung des Netzes wird aufs Abstellgleis gefahren – weil das Geld nicht reicht. So lässt sich die Zahl der Bahnfahrgäste bis 2030 nicht verdoppeln, und es werden auch keine 25 Prozent der Güter auf der Schiene fahren, wie es der Koalitionsvertrag verspricht.“

Dem schließt man sich auch bei Pro Bahn an. Detlef Neuß, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes: „Sollte sich das bewahrheiten, wäre das eine Hiobsbotschaft für die Schiene. Nur eine Sanierung des Bestandsnetzes reicht nicht. Die Regierung muss hier nachlegen und sich an ihren Koalitionsvertrag erinnern. Wir schlagen eine Umlegung von Mitteln aus dem Straßenbau vor.“ Auch Pro Bahn schließt sich der Forderung nach einem überjährigen Fonds an, um mehr Sicherheit zu ermöglichen.

Siehe auch: Eine realistische Bestandsaufnahme machen

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