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Die Signale stellen

08.11.21 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Also zunächst einmal stimmt es, dass zahlreiche Wettbewerbsbahnen in Schieflage sind, nicht nur das Unternehmen, das im Juli unter den Schutzschirm getreten ist. Verkehrsverträge, die vor einigen Jahren kalkuliert worden sind, sind durch Faktoren wie Lohnabschlüsse oder auch höhere Baustellenaktivitäten in die roten Zahlen gelaufen. Hieraus den Schluss zu ziehen, dass die Regionalisierungsgelder erhöht werden müssen, ist aber falsch.

Die Eisenbahn ist nicht nur auskömmlich, sie ist sogar überauskömmlich finanziert. Hohe Summen nicht verausgabter Regionalisierungsgelder belegen das. Bundesweit gab es Ende 2017 rund vier Milliarden Euro an Überresten. Bundesweit nicht, für Nordrhein-Westfalen liegen aber sehr wohl aktuelle Zahlen vor. Demnach hatte Nordrhein-Westfalen zum 31. Dezember 2020 knapp 880 Millionen Euro nicht verausgabter Regionalisierungsgelder, wobei diese Summe im Coronajahr 2020 trotz eingebrochener Fahrgastzahlen um knapp 85 Millionen Euro gestiegen ist.

Natürlich kann man jetzt sagen, gerade für Nordrhein-Westfalen, dass das Geld vom Land nicht an die Aufgabenträger weiterfließt. Das stimmt, aber höhere Regionalisierungsgelder würden dann auch wieder nur dafür sorgen, dass das Land mehr Geld bunkert, während die Aufgabenträger für jede Leistungsausweitung im Verkehrsministerium betteln gehen müssen. Auch die Frage nach einer Umstellung laufender Verkehrsverträge auf das Konzept Verkehrsvertrag 2.0 ist keine von ausreichenden Finanzmitteln, diese liegen in den Landeskassen bereit.

Dabei spielt es auch keine Rolle, ob das Verkehrsunternehmen DB Regio oder eine Wettbewerbsbahn ist, gerade wenn wir wieder über eine Trennung von Netz und Betrieb diskutieren. Realistisch ist das wohl nicht, gerade wenn man bedenkt, dass die großen Linien der Eisenbahnpolitik im Bundeskanzleramt gemacht werden und eben nicht im Verkehrsministerium.

Allerdings dürfte es sehr wohl einigen Gestaltungsspielraum innerhalb des integrierten Konzerns geben, etwa bei der Frage nach der Mittelverwendung oder bei Konflikten zwischen den Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen des Konzerns. Denn tatsächlich sind die Verkehrsunternehmen im Konzern diejenigen, die am meisten unter der Rückbaupolitik von DB Netz unter Mehdorn gelitten haben. Es waren die Verkehrsunternehmen, innerhalb und außerhalb der DB AG, die betroffen waren, als wegen Personalmangel die Landeshauptstadt Mainz nicht angefahren werden konnte. Wo andere in einen Rechtsstreit eintreten können, hängt über DB Regio, DB Fernverkehr und DB Cargo stets der Konzernfriede.

Die DB AG in ihrer jetzigen Form ist aber weder Start- noch Endpunkt, sie vereint die Nachteile des integrierten Konzerns mit den Nachteilen einer unabhängigen Infrastruktur. Diese DB AG ist das Produkt einer abgebrochenen Eisenbahnreform, die es jetzt fortzusetzen gilt. Auch wenn es dafür dicke Bretter zu bohren gilt, auch wenn der Konzern seine Lobbyisten losschickt. Eine starke Eisenbahn braucht keinen allmächtigen Monopolkonzern.Die Signale stellen.

Siehe auch: Diskussion um die Eisenbahnstruktur
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben

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