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Was man macht und was man vorbereitet

02.06.20 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Als am Freitag vor Pfingsten die Nachricht der EVG kam, dass man zusätzlich zur milliardenschweren Kapitalerhöhung zugunsten des DB-Konzerns auch noch ein Sonderprogramm für Bahnhöfe fordert, da war mein erster Gedanke, dass man jetzt jedes Maß verloren hat. Ja wofür soll denn die Kapitalerhöhung da sein? Etwa nicht für Investitionen in Bahnhöfe, Modernisierung von Leit- und Sicherungstechnik und ähnlichem?

Und falls man das Geld doch dafür nimmt, dann wird es als Anlagevermögen in die Bilanz gestellt und man fordert eine entsprechende Rendite, finanziert in aller Regel durch Nahverkehrszüge. Oder entscheidet man sich, ganz gezielt direkt in den Verkehrsträger Schiene zu investieren, ohne dass der DB-Konzern hier Renditen verlangen kann? Und falls ja: Wieso braucht man dann doch eine Eigenkapitalerhöhung?

Und ein ebenso wichtiger Punkt ist die Erhöhung der Schuldengrenze. Der Konzern kann im Moment ganz gut mit seiner Verschuldung von rund 24 Milliarden Euro leben, weil er als bundeseigene Aktiengesellschaft (die einmal mehr unter Beweis gestellt hat, dass der Bund den Steuerhahn bei Bedarf weiter aufdreht) eine hohe Kreditwürdigkeit hat und weil es im Euroraum ohnehin gar keine oder nur extrem geringe Zinsen gibt.

Man stelle ich aber mal vor, in fünf Jahren haben wir eine ganz andere Zinspolitik und dann schlägt eine höhere Verschuldung des Konzerns voll ins Kontor. Die Risiken, die sich hier ergeben, kann niemand ernsthaft kalkulieren und es zeigt, dass gerade nicht die Sanierung unwirtschaftlicher Strukturen das Ziel zu sein scheint.

Aber der Konzern hat, so mutmaße ich, ein anderes mittelfristiges Ziel: Wenn man es schafft, eine politische Mehrheit dafür zu finden, die gesamten Konzernschulden am Tag X auf das Bundeseisenbahnvermögen zu übertragen, also eine neuerliche Entschuldung zu machen, dann kann man jetzt noch mal einige Jahre aus dem vollen schöpfen. Die Folgen der Corona-Pandemie wären ein ebenso gutes Argument dafür wie der schlechte Zustand, in dem sich die Eisenbahn am 1. Januar 1994 befand.

Schon damals hat die DB AG bei ihrer Gründung zwar alle Vermögenswerte der Bundesbahn und der DDR-Reichsbahn geerbt, die Verschuldung wurde aber auf das Bundeseisenbahnvermögen übertragen, das bis heute mit viel Geld im Bundeshaushalt zu Buche schlägt. Diese Debatte scheint man jetzt schon hinter den Kulissen vorzubereiten.

Es wird dann ein leichtes sein, wenn die Konzernkommunikation durch gute Kontakte zu den Hauptstadtredaktionen in den Leitmedien große Artikel lanciert, in denen lang und breit darüber geschrieben wird, was die neuerliche Entschuldung der DB AG für große Vorteile mit sich brächte. So hat man die Diskussion auf einmal ins Rollen gebracht, flankiert durch einzelne Verkehrspolitik in den Fachausschüssen, dem Verkehrsministerium oder dem Bundeskanzleramt, der als Befürworter auftritt. Auch darüber sollte man jetzt bereits nachdenken. Und man muss wissen: Das ist alles keine Rettung der Schiene. Diese Politik dient einzig dem DB-Konzern

Siehe auch: DB AG: Kapitalerhöhung beschlossen

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