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DB AG: Kapitalerhöhung beschlossen

02.06.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche hat der Haushaltsausschuss des Bundestages die durch den Bund zu finanzierende Kapitalerhöhung der DB AG befürwortet. Demnach fließen bis 2030 rund elf Milliarden Euro direkt in die Konzernkassen. Auch die Schuldengrenze soll auf rund dreißig Milliarden Euro Nettoverschuldung erhöht werden. Dem Vernehmen nach war die Stimmung bei den Abgeordneten der großen Koalition bestens. Man war froh, dem Verkehrsträger Schiene in Form des DB-Konzerns endlich was gutes tun zu können.

Doch genau diese Differenzierung zwischen dem Verkehrsträger Schiene auf der einen Seite und dem Konzern DB AG auf der anderen Seite hat vielfach für Kritik gesorgt. So sind Mofair und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) alles andere als einverstanden. NEE-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling wies darauf hin, dass eine Regelung ausschließlich mit der DB „die Hälfte des Marktes im Schienengüterverkehr und vierzig Prozent des Nahverkehrs auf der Schiene in Deutschland ausschließt zugunsten eines Unternehmens, das seine Umsätze bei weitem nicht nur in Deutschland generiert. Das wird dem Verkehrsträger Schiene in Deutschland und dem fairen Wettbewerb schweren Schaden zufügen.“

Mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen sieht die Verabredung zwischen Bund und dem Staatsunternehmen als Bestätigung, dass es für die Regierung eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der Eisenbahner gibt: „Während die Beschäftigten der DB Kündigungsschutz zugesagt bekommen, werden unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Krise alleine gelassen.“

Beide Verbände kündigten als Reaktion an, die EU-Kommission einzuschalten und die Einhaltung der aktuellen Beihilferichtlinien einzufordern. Matthias Stoffregen weist darauf hin, dass es die alte „Bundesbahn“ seit 1994 nicht mehr gibt: „Nun wirft die Regierung nach vielen Irrwegen auch noch die positiven Erfahrungen mit der Einführung von Wettbewerb auf der Schiene über Bord.“

Schreyer und Kerkeling sind einig, dass der Steuerzahler dafür noch viel Geld zahlen oder einem erneut erzwungenen Schrumpfkurs des Systems Eisenbahn zuschauen müsse. Ludolf Kerkeling: „Corona und die Folgen stellen schon eine extreme Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Bahnunternehmen dar. Dass die Regierung auch noch einen Keil in die Branche treibt und die Wettbewerbsbahnen abspaltet, ist besonders bedauerlich.“

Kritik kommt auch von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Im Vorfeld hatte die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) gemeinsam mit dem Konzernbetriebsrat, der Konzernführung und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein „Bündnis für unsere Bahn“ ausgearbeitet, dem die GDL nicht beigetreten ist. In einem Aushang heißt es, dass der Verkehrsträger Schiene ebenso systemrelevant sei wie die Menschen, die dort beschäftigt seien – nicht jedoch der Global Player DB AG.

Die GDL fordert eine Konzentration auf die Schiene in Deutschland. GDL-Chef Claus Weselsky: „Die DB hat Milliarden im Ausland versenkt, beispielsweise bei Arriva. Geld, das dem Schienensystem in Deutschland fehlt. Eine nachhaltige Ertüchtigung der Infrastruktur bestehend aus Netz, Station und Service, Energieinfrastruktur und den relevanten Werkstätten ist jedoch Voraussetzung für einen umweltfreundlichen Verkehr.“

Die GDL ist der Ansicht, dass die Milliarden an Steuergeldern für die systemrelevante Schieneninfrastruktur in einer auf gewinn- und dividendenausgerichteten Aktiengesellschaft falsch aufgehoben sind. Weselsky: „Daseinsvorsorge und Gemeinwohlverpflichtung sind Gemeinschaftsaufgaben und daher aus der Solidargemeinschaft zu finanzieren. Wir setzen uns für eine Überführung der gesamten Schieneninfrastruktur in eine gemeinnützige Gesellschaft ein.“

Derweil stellt die EVG neue finanzielle Forderungen an den Bund. Demnach soll ein „Klimakonjunkturprogramm“ vor allem der DB AG zugute kommen. „Investiert werden muss vor allem in eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur“, so der stellvertretende EVG-Chef Martin Burkert.

Diese stelle das Rückgrat für die klima- und umweltfreundliche Eisenbahn dar, die Garant für eine zukunftsweisende Verkehrspolitik im Güter- und Personenverkehr sei. Doch auch in den Bereich Station & Service gebe es Defizite. „Zahlreiche Bahnhöfe befinden sich in keinem guten Zustand. Wer die Attraktivität des Schienenverkehrs steigern will, muss hier ebenfalls investieren. Wir fordern dreihundert Millionen zur Bahnhofssanierung“, so Martin Burkert.

Siehe auch: Was man macht und was man vorbereitet

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