Der Nachteil der Schiene
26.09.16 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Die These, dass die Deutsche Bahn bei finanziellen Schwierigkeiten darauf zählen kann, dass die Bundesregierung in so einem Fall den Steuerhahn weiter aufdreht, bewahrheitet sich gerade. Man hat im Regionalverkehr erheblich an Marktanteilen verloren und wo immer man Ausschreibungen dann doch für sich entscheiden konnte, hat man die Netze auf Kosten einer stark geschrumpften Gewinnmarge verteidigen können. Dieser Trend zeichnet sich auch für die kommenden Jahre ab.
Es sieht alles danach aus, als ob die einstige Cash-Cow DB Regio nicht mehr das wird liefern können, das sie mit lukrativen und damals langfristigen Direktvergaben rund um die Jahrtausendwende zu verdienen in der Lage war. Es gilt nun also, das Geld aus der Kapitalerhöhung für Restrukturierungsprogramme zu nutzen. Die Zeiten, dass man als gefühlte Bundesbahn immer wieder bevorzugt wird, sind vorbei; auch wenn Ausnahmen, wie bei der S-Bahn Berlin, die Regel bestätigen.
Tatsache ist, dass immer mehr Aufgabenträger wissen, dass sie mit marktnahen Vergaben bessere und auch mehr Leistungen zu oft gesunkenen Preisen erhalten. Auch von DB Regio, denn man ist ja in der Lage, Preise zu bieten, mit denen man am Markt bestehen kann. Im Rahmen der aktuell laufenden Vergabeverfahren hat man zudem die Möglichkeit, einst verlorene SPNV-Aufträge im Rahmen der Folgeausschreibungen zurückzugewinnen. Ein in einigen Bundesländern sehr geringer Marktanteil ist nicht auf Dauer in Stein gemeißelt.
Anders sieht das im Infrastrukturbereich aus. Hier ist es definitiv zu begrüßen, dass der Staat keine Dividende mehr verlangt, sondern im Gegenteil bereit ist, sich an den Kosten zur Finanzierung zu beteiligen. Wobei ganz so einfach ist es auch nicht: Wenn man aus den Infrastruktursparten der DB AG Dividenden nimmt und diese dann direkt zur öffentlichen Kofinanzierung von Anlagewerten nutzt, dann kann das eine effektive und wirksame Kostenbremse sein: Denn während eigenfinanzierte Anlagen komplett in den Büchern des Konzerns als abschreibungspflichtige Vermögenswerte stehen, ist das nicht der Fall, wenn das Geld vom Staat kam.
Es sind also über Trassen- und Stationsgebühren keine Abschreibungen zu finanzieren und entsprechend ist der Kostendruck nicht so hoch. Dabei ist selbstverständlich ein struktureller Nachteil der Schiene im Wettbewerb der Verkehrsträger, wenn die Straße bedarfsgerecht finanziert wird und die Schiene angemessene Renditen zugunsten der DB Netz AG bzw. der Konzernmutter zu erwirtschaften. Die Schiene kann sich genauso wenig selbst finanzieren wie andere Verkehrsträger, allenfalls dadurch, dass man einen erheblichen Teil der Regionalisierungsgelder zugunsten von Infrastrukturentgelten abschöpft.
Was Deutschland braucht ist keine protegierte oder gerettete Deutsche Bahn, sondern eine verlässliche Finanzierung für die Schiene. Wenn der Winter hart war und viele Schlaglöcher in den Straßen gestopft werden müssen, dann kostet es den Fiskus mehr Geld. Auch die Schiene muss in der Höhe der tatsächlichen Erforderlichkeit finanziert werden. Hier gilt es, langfristige Lösungen zu erarbeiten und auch umzusetzen.
Siehe auch: DB AG erhält Unterstützung vom Bund