EReG: Verbändeanhörung im Verkehrsausschuss
06.06.16 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Letzten Mittwoch fand im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages die Anhörung relevanter Verbände aus der Eisenbahnbranche statt. Zumindest einiger. Während beide Eisenbahnergewerkschaften umfassend zu Wort kamen, wurde der Wettbewerberverband Mofair überhaupt nicht eingeladen. Die BAG SPNV ist nach zahlreichen Ein- und folgenden Ausladungen am Ende doch zu der Veranstaltung gebeten worden.
Zunächst wurde abgelehnt, dass ein zusätzlicher Anhörungsplatz für die BAG SPNV geschaffen wurde. Dann hat die EU-Kommission abgesagt. Daraufhin wurde die BAG SPNV angefragt und hat innerhalb weniger Stunden auch einen Experten benannt, der jedoch abgelehnt wurde. Nach einigem Hin und Her war Präsidiumsmitglied Bernhard Wewers vom schleswig-holsteinischen Aufgabenträger Nah.SH für den Verband bei der Veranstaltung. Aufgrund der extrem kurzfristigen Einladung erschien er jedoch eine halbe Stunde zu spät – ironischerweise hatte der Zug Verspätung.
Die eigentliche Anhörung begann zwanzig Minuten verspätet, weil man sich zuvor mit anderen Themen befasst hat, die nicht auf der Tagesordnung standen. Das waren etwa die Bauverzögerungen auf dem Berliner Flughafen oder andere Fragen ohne Eisenbahnbezug. Dennoch endete die Veranstaltung pünktlich. Dabei wurden dennoch einige Themen angesprochen, etwa die Frage nach Finanzierungsgerechtigkeit zwischen Fern- Regional- und Güterverkehr.
Dabei verlief die Debatte größtenteils resignativ: Allen Beteiligten war klar, dass die Grundproblematik zumindest auf eisenbahnpolitischer Ebene allein nicht lösbar ist: Das betrifft etwa den Wettbewerb zwischen Güterzügen und Lastwagen. Wenn mehrere tausend Tonnen schwere Güterzüge höhere Trassenpreise zahlen müssten (im Moment ist es nur ein Bruchteil dessen, was im Takt fahrende Regionalzüge von achtzig oder hundert Tonnen Gewicht zu zahlen haben), dann droht eine Verkehrsverlagerung auf die Straße
Der Wettbewerb der Verkehrsträger ist hart, auch zu Lasten der Schiene. Doch genau hier setzt die Kritik an. Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Abellio und Präsident des Verbandes Mofair, sagte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Etwa 75 Prozent der Trassenpreisentgelte werden vom SPNV erbracht. Da bin ich schon sehr verwundert, dass in der Anhörung keine einzige Wettbewerbsbahn oder deren Verband vertreten sind, um die Auswirkungen des Gesetzesentwurfes auf den SPNV darzulegen.“
Denn durch steigende Trassengebühren wird das reale Marktvolumen im SPNV kleiner. Die BAG SPNV hat bereits 2010 erstmals in einer Broschüre davor gewarnt, dass über kurz oder lang Eisenbahnleistungen abbestellt werden müssen, weil die Netzentgelte stärker als alle Einnahmen zusammen steigen.
Eine mögliche Form zur Gegensteuerung wäre die aus dem Energiewesen bekannte Anreizregulierung: Die Bundesnetzagentur würde bei den Infrastrukturbetreibern, im Regelfall DB Netz, die Kostenkalkulationen prüfen und für eine mehrjährige Periode die Trassenpreise festlegen. Effizienzsteigerungen beim Unternehmen in dieser Zeit würden also vollständig zu steigenden Gewinnen führen.
Auf der anderen Seite wäre es nicht möglich, am Markt zusätzliches Geld zu generieren. Der Gedanke ist, dass man so und nicht anders zu sinkenden Kosten und tendenziell auch fallenden Infrastrukturpreisen käme. In jedem Fall, so Krenz in der FAZ, müsse sich was tun: „Die verantwortlichen Verkehrspolitiker müssen eine Trassenpreisbremse auf die Steigerungsrate der Regionalisierungsmittel einführen, damit dem Verkehrsbetrieb nicht finanzielle Mittel entzogen werden.“
Dies gelte auch bei Baustellen bzw. Bauverzögerungen, die durch den Infrastrukturbetreiber verursacht werden. Hier spricht man sich für ein ähnliches Pönalesystem wie in den Verkehrsverträgen aus. Dabei geht es grundsätzlich auch um die Frage, ob man ein Voll- oder Grenzkostensystem haben will.
Hierzu sagte der Vertreter der Bundesnetzagentur auf der Anhörung, dass man ein Vollkostensystem vorgefunden habe, als die Eisenbahnregulierung in die eigene Zuständigkeit gefallen ist. Dabei wurde durchaus auch über die Frage diskutiert, wie eng die Konzernsparten der DB AG miteinander verwoben sein dürfen. Jedoch fand das einzig und allein vor dem Hintergrund der Frage statt, wie hoch die Infrastruktur unter Gewinndruck stehen soll. Der integrierte DB-Konzern selbst scheint in Deutschland Konsens zu sein und wird von niemandem mehr kritisiert.
Siehe auch: Die Trassenpreise – mal wieder