BaWü: DB Regio vor Marktaustritt?
01.06.15 (Baden-Württemberg) Autor:Stefan Hennigfeld
Nachdem man im Freistaat Sachsen bereits freiwillig das Feld geräumt und in Nordrhein-Westfalen bis zum letzten Tag damit gedroht hat, ist ein Marktaustritt von DB Regio in Baden-Württemberg nach einem Artikel in der Stuttgarter Zeitung aktuell wieder im Gespräch. Für die aktuelle Ausschreibung von Übergangsverträgen in insgesamt 17 Losen habe DB Regio sich aktuell nur auf drei beworben. Alle anderen seien demnach uninteressant für das Unternehmen.
Das ist noch nicht die Vergabe der langfristigen neuen Leistungen. Diese werden unter Anwendung des im VRR bereits angewandten Finanzierungsmodelles (Sales and Lease Back) zu einem späteren Zeitpunkt vergeben. Sehr wahrscheinlich versucht man bei DB Regio durch die Nichtteilnahme an der Ausschreibung politischen Druck auszuüben, in der Hoffnung, dass etwa die Losbildung dabei nicht mehr so kleinteilig erfolgt oder dass der Übergangsvertrag gleich direkt vergeben wird, in der Hoffnung, dass niemand klagt.
Es ist ein politischer Ritt auf der Rasierklinge, denn für den Fall, dass man beim Aufgabenträger NV.BW hart bleibt, droht dann eine Auferlegung. Dann wäre DB Regio verpflichtet, die Leistungen weiterhin zu betreiben. Selbstverständlich wird auferlegter Verkehr auch bezahlt, auch so, dass am Ende ein angemessener Gewinn steht: Die Auferlegung entbindet den Aufgabenträger nicht von seiner Pflicht, die bestellten Verkehre zu entlohnen. Jedoch müsste DB Regio dann zum Zwecke der Preisermittlung die Kalkulation offenlegen. Genau das hat man in allen bundesweiten Auseinandersetzungen, egal ob es um Auferlegungen oder um konkret bestehende Verdachtsfälle auf Preisdumping ging, immer um jeden Preis verhindern wollen.
Dabei geht es auch um die Frage, ob der laufende große Verkehrsvertrag überkompensiert worden sei. Zwei Gutachter im Auftrag der Landesregierung haben hier Rückforderungen zwischen achthundert Millionen und 1,25 Milliarden Euro für das Land errechnet, die DB Regio zu viel erhalten haben solle. Dabei ist nicht nur der Preis selbst von Relevanz, sondern auch die Tatsache, dass ein Großteil des SPNV im Ländle bis heute mit stark veralteten Silberlingen aus den Beständen der Bundesbahn gefahren wird, sodass keine oder im Falle einiger Verschönerungsmaßnahmen nur sehr geringe Investitionen fällig gewesen sind. Durch fehlende Abschreibungen hat sich der Gewinn von DB Regio also erneut erhöht. Wenn jetzt die Kostenkalkulation, insbesondere bei extrem geringen Kapitalkosten, offengelegt wird, dann könnte das auch für das laufende Beihilfeverfahren für DB Regio sehr gefährlich werden.
Davon unabhängig, so berichtet die Stuttgarter Zeitung weiter, sei das Verfahren extrem kompliziert und die Preisberechnungen mit massiven Risiken versehen. Jedoch, darauf weist man bei der grün-roten Landesregierung hin, seien alle Fragen umfassend beantwortet worden. Die Zuschlagserteilung für die 17 Lose soll demnach, wie geplant, noch im August erfolgen, im Vorfeld der eigentlichen Neuvergabe.