Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

S-Bahn Berlin: Ausschreibung nur noch mit DB AG

03.11.14 (Berlin) Autor:Max Yang

Nach mehreren übereinstimmenden Berichten hat sich nun auch das letzte Wettbewerbsunternehmen, National Express Rail GmbH mit Sitz in Düsseldorf, gegen eine weitere Beteiligung an der aktuell laufenden Ausschreibung des Teilnetzes Ring der S-Bahn Berlin entschieden. Bereits in den vergangenen Monaten erklärten andere Interessenten wie MTR (Hongkong), RATP (Frankreich) und JR East (Japan), sich aus dem ungewöhnlich komplex gewordenen Verfahren zurückzuziehen. Weder National Express noch der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), welcher als Verwaltungshelfer das Vergabeverfahren im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg durchführt, haben offizielle Erklärungen hierzu abgegeben. Das Verfahren finde unter strikter Verschwiegenheit statt, sodass die Beteiligten sich nicht gegenüber der Presse oder anderen Interessierten äußern könnten.

In der Berliner Landespolitik gibt es offenbar einen breiten Konsens, trotz der wahrnehmbaren Unzulänglichkeiten an den bestehenden Strukturen im ÖPNV festzuhalten, die von der S-Bahn Berlin GmbH als Tochter der DB AG sowie der BVG AöR beherrscht werden. Die RBB-Abendschau wiederholte unlängst ein Interview mit dem scheidenden Bürgermeister Klaus Wowereit von 2011, in dem eine sogenannte politische Lösung angedeutet wird. Die Ausschreibung hat sich ohnehin um mehrere Jahre verzögert und wurde erst nach den Abgeordnetenhauswahlen 2011 überhaupt begonnen, um Unfrieden in seiner vorherigen rot-roten Regierungskoalition zu vermeiden, obwohl man sich seinerzeit bereits im Jahr drei der S-Bahn-Pannenserie befand. Am anderen Ende des politischen Spektrums sieht es kaum anders aus. „Muss man etwas ausschreiben, was gut funktioniert?“, ließ Roman-Francesco Rogat, Mitglied im Landesvorstand der Jungen Liberalen im Zusammenhang mit der BVG vernehmen, die allerdings auch selbst an einem veralteten Fuhrpark und Qualitätsproblemen im Vertrieb leidet.

Nach wie vor ist der Irrglaube verbreitet, die wettbewerbliche Vergabe sei kein gesetzliches Verfahren zwecks einer wirtschaftlichen Verwendung von Steuergeldern, sondern eine bloße Strafaktion für Schlechtleistungen. Aus dem liberalen Umfeld war unter anderem auch die Aussage zu hören, dass ein Fahrzeugfinanzierungsmodell etwa analog des VRR-Modells nicht kleine Wettbewerber befördere, sondern zur Marktverzerrung führen würde – eine klassische Argumentationslinie, die man auch aus dem Dunstkreis der Ex-Monopolisten Deutschen Bahn AG immer wieder hört, welche aufgrund ihrer Größe und dem solventen Gesellschafter Zugriff auf regelmäßig vorteilhaftere Finanzierungskonditionen hat als die nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Im Gegenteil dürfte es auch dem VRR-Finanzierungsmodell zu verdanken sein, dass es dort keinen Mangel an Bewerbern gibt. Heftige Kritik kommt hingegen vom ehemaligen Pro-Bahn-Sprecher Matthias Oomen (Grüne): „Die Berliner SPD konnte sich trotz S-Bahn-Krise erfolgreich um ein Zukunftskonzept für die Berliner S-Bahn drücken“ – viele Konflikte, etwa mit den parteiinternen Anhängern einer Kommunalisierung oder mit Gewerkschaftern, wurden nicht ausgetragen. Zwar sei der Parteifrieden gewahrt worden, Verlierer wären aber die Fahrgäste, welche auch zukünftig unter regelmäßigen Störungen leiden müssen. Ein Wettbewerb um die Qualität finde nicht statt.

Der Betriebsrat der S-Bahn Berlin konnte sein Ziel des Erhaltes der bisherigen Arbeitsplätze im bisherigen Unternehmen vollständig durchsetzen. „Ein vorzeigbarer Bahnbetrieb war von Anfang an nur erkennbare Nebensache“, stellt Oomen fest. Als Konsequenzen empfiehlt er eine Trennung von Schienennetz und Verkehrsbetrieb, eine Minimierung des Ausschreibungsrisikos durch die Einrichtung eines landeseigenen Fahrzeugpools und einen leistungsstarken und unabhängigen VBB. Der Deutsche Bahnkunden-Verband (DBV) fordert, die Ausschreibung zu beenden und zu wiederholen. Ein Wettbewerb setze mindestens zwei Interessenten voraus. Man verweist auf den erfolgreichen niedersächsischen Fahrzeugpool der dortigen LNVG. Auch die strikte Geheimhaltung im bisherigen Verfahren müsse nach Ansicht des DBV beendet werden, da ein Verfahren, in dem es um Millionen von Steuergeldern jedes Jahr ginge, auch für Öffentlichkeit und Parlament transparent gestaltet sein müsse.

Siehe auch: Warum das Ganze?

Kommentare sind geschlossen.