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Allianz pro Schiene kürt Bahnhöfe des Jahres

25.08.14 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Allianz pro Schiene hat ihre diesjährigen Bahnhöfe des Jahres prämiert. Der Sonderpreis Tourismus, der zuletzt mehrfach in Folge vergeben wurde, wurde wieder ausgesetzt. Gewinner in der Kategorie Großstadtbahnhof ist Dresden, in der Kategorie Kleinstadtbahnhof hat Hünfeld (Landkreis Fulda) gewonnen. Die sechsköpfige Jury besteht aus Vertretern des Fahrgastverbandes Pro Bahn, dem Deutschen Bahnkundenverband (DBV), dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), dem Autoclub Europa (ACE), dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC und der Allianz pro Schiene.

„Im Laufe der elfjährigen Geschichte des Wettbewerbs haben fast alle Bundesländer mindestens mit einem ihrer Bahnhöfe den Preis gewonnen“, sagte Dirk Flege, Jury-Mitglied und Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. „Nur das Saarland, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und leider auch Nordrhein-Westfalen haben noch keinen Bahnhof des Jahres vorzuweisen.“ Flege gab an, dass die Jury im Sommer 2014 „besonders ausdauernd“ durch Nordrhein-Westfalen gereist sei, um endlich fündig zu werden. Allerdings vergebens. „Offenbar ist das Niveau der Bahnhofskultur in den verschiedenen Ländern unterschiedlich hoch.“ Im Interview mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung geht er noch weiter und spricht von einer „beispiellosen Verwahrlosung“ in Nordrhein-Westfalen.

Wie viele Bahnhöfe er sich zwischen Rhein und Weser, zwischen Ems und Sieg angeguckt hat, ist nicht bekannt. Die Rede ist von Dortmund, Duisburg, Hagen und Wuppertal. Ein Vertreter von Pro Bahn wird im Zusammenhang mit dem Essener Hauptbahnhof zitiert, dieser sei „eine funktionale Katastrophe, nicht massentauglich.“ Er wurde zum Kulturhauptstadtjahr 2010 umfassend umgebaut und es flossen erhebliche Investitionen. Was man bei Pro Bahn verschweigt: Mit rund 170.000 Ein- und Aussteigern am Tag hat der Essener Hauptbahnhof etwa das dreifache Fahrgastaufkommen wie der Dresdener Hauptbahnhof mit etwa 60.000 Personen. Ob ein hoher Kundenandrang nicht zur Bahnhofsromantik passt? Man weiß es nicht. Dirk Flege will unterdessen noch einen weiteren Grund ausgemacht haben, wieso die Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen nicht den Anforderungen entsprechen: „Es mischen sich die Zuständigkeiten für Gebäude, Vorplatz und Bahnsteige zwischen Kommunen, privaten Investoren und Bahn. Selten gibt es hier Bahnhöfe ´aus einem Guss´.“ So zeige das Beispiel Köln, reiche es einfach nicht für die Auszeichnung: „Köln hat zwar einen tollen Hauptbahnhof, aber der Hinterausgang ist dreckig und unwirtlich. Die Verantwortung dafür trägt nicht die Bahn, sondern die Stadt.“

Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD) sieht Nordrhein-Westfalen in mehrfacher Hinsicht benachteiligt. Abgesehen davon, dass die Bundesgelder für die Eisenbahn stark zu Ungunsten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes verteilt werden, hat man andere Prioritäten als den Bau von Denkmälern. Im WDR-Hörfunk sagte Groschek: „Wir haben in Nordrhein-Westfalen 692 Bahnhöfe, andere haben zehn Prozent von diesen Bahnhöfen, wir sind seit zehn Jahren systematisch dabei mit der Bahn zusammen die Bahnhöfe auf Vordermann zu bringen. Wir haben 204, im Rahmen unserer Modernisierungsoffensive mit viel Landesgeld inzwischen saniert und modernisiert. Die nächsten 95 Millionen Euro werden wir ausgeben um die sogenannten RRX-Haltepunkte im ganzen Land zu ertüchtigen, behindertenfreundlich umzubauen, kundenfreundlich umzubauen – und zwei Großprojekte haben wir vor der Brust, wo ich der Bahn ausdrücklich danke für eine faszinierende, funktionale und kundenfreundliche Architektur. Das werden die Bahnhofsumbauten in Duisburg und Dortmund, wo wir unsere Art von Schmückstück präsentieren. Das hat wenig mit Pracht und Prunk zu tun, aber viel mit moderner, ehrgeiziger und klima-freundlicher Architektur.“

Er verwies darauf, dass man in Horrem, zwischen Aachen und Köln, erst jüngst einen CO2-freien Bahnhof eröffnet habe. „Horrem ist Bahnhof der Zukunft, denn Horrem ist CO2 frei. Klimabahnhöfe werden in Nordrhein-Westfalen gebaut, Pracht und Prunk im Osten.“ Die Tester der Allianz pro Schiene waren in Horrem. Was sie dort vorfanden? „Dreck und gesperrte Toiletten“, so Flege in der Zeitung. Weitere Kandidaten waren Wetter (Ennepe-Ruhr-Kreis) und Soest, aber beide haben an Wochenenden keine geöffneten Schalter. Kritik an der dahinterstehenden Vertriebspolitik der DB AG gibt es von der Allianz pro Schiene nicht.

Siehe auch: Tief im Westen …

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