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Abellio, DB Regio und das freie Unternehmertum

28.08.14 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn es um Investitionshilfen, Werkstattförderung und ähnliches geht, fordert DB Regio regelmäßig mehr „freies Unternehmertum“; es drohe „Reverstaatlichung“. Die unternehmerischen Freiheiten der Betreiber sind von Natur aus gering im Regionalverkehr, denn der Charakter der bestellten Leistung ist ausschlaggebend für die Funktionsweise. Man will aber kein reiner Lohnkutscher sein. Die naheliegende Erklärung ist in der Bundesbahn-Vergangenheit der DB AG zu suchen. Da war man jahrzehntelang hoheitlicher Organisator des Eisenbahnverkehrs und mit der Regionalisierung hatte man auf einmal Aufgabenträger vor der Nase, die einem nicht nur Fahrpläne und Anforderungen an das Rollmaterial vorgeschrieben haben, sondern auf seinem eigenen Netz hatte man von jetzt auf gleich Konkurrenten.

Oder liegt es daran, dass DB Regio überall dort freies Unternehmertum fordert, wo man aus verschiedenen Gründen erheblich bevorteilt ist? So erhielt die DB AG bei ihrer Gründung nicht nur die Züge der Bundesbahn, sondern auch deren Liegenschaften geschenkt. Wo immer es um die Wartung der Fahrzeuge geht, hat DB Regio stets das passende Grundstück in Bahnhofsnähe, meistens sogar in bester Innenstadtlage. Der Grunderwerb, den Wettbewerber tätigen müssen, entfällt bei der DB AG. Ganz anders sieht es beim Thema Personalübergang aus. Hier steht der Vorschlag im Raum, die Regelungen nach § 613a BGB umzusetzen, die normalerweise für Betriebsübernahmen oder -verschmelzungen gelten, unabhängig von Betriebsaufnahmen.

Da geht nicht nur das Personal von einem zum anderen Betreiber, sondern auch das Rollmaterial und alle anderen Vermögenswerte. Also genau das, was DB Regio bislang nie gewollt hat. Aber davon unabhängig: Wie soll das in der Praxis aussehen? Werden unmotivierte Mitarbeiter dem Ausschreibungsobjekt zugeordnet? Wie viele aus überzogenen Karikaturen bekannte Bundesbahn-Schaffner alter Prägung gibt es noch im Unternehmen? Die in paramilitärischem Drill durch den Zug gehen und Nutzer (nicht mehr Beförderungsfälle) anpöbeln. In jedem Fall sind das genau die Leute, die ein modernes Dienstleistungsunternehmen, wie DB Regio es sein will und auch ist, nicht brauchen kann. Die guten Leute wird man in den meisten Fällen behalten wollen, auch wenn ein Netz verloren geht. Das sind auch die, die problemlos bei Wettbewerbsbahnen genommen würden, wenn sie sich bewerben.

Allerdings: DB Regio kann niemanden gegen seinen Willen zwingen, zu einem anderen Betreiber zu wechseln, auch nicht durch die Zuordnung zu einem laufenden Ausschreibungsobjekt. Um zurück zum Ausgangspunkt zu kommen: Zum freien Unternehmertum gehört vor allem auch das Recht, sich das Personal auszusuchen sowie bestimmte Leute, deren Arbeitseinstellung erkennbar nicht zu den Ansprüchen heutiger Eisenbahnunternehmen passt, im Interesse der Qualität des eigenen Produktes abzulehnen. Die DB AG hingegen läuft hier ihrer PR-Kampagne DB.2020 diametral zuwider. Wer der beste Arbeitgeber Deutschlands werden will, sollte aufhören, so massive Existenzängste bei seinen Angestellten zu schüren.

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