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Qualität und Leistung statt Verbote

16.12.13 (Fernverkehr, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Dass die Allianz pro Schiene ideologische Grabenkämpfe führt, die im Zeitalter der Multimodalität wie ein Anachronismus wirken, ist nichts neues. Nun rechnet man also vor, dass es statistisch gesehen gefährlicher ist, mit dem Bus als mit der Bahn zu fahren. Da gilt zunächst einmal das Prinzip nur der Statistik zu glauben, die man selbst gefälscht hat. Im Jahr 2003 wurde die Methodik geändert, davor sah es genau andersrum aus – das hat die Allianz pro Schiene vergessen uns mitzuteilen. Dass insgesamt weniger als ein Prozent der Verkehrstodesfälle aus den Öffis kommen ist eine gemeinsame Stärke, auf die man sich besinnen könnte.

Statt über den Fernbus zu lamentieren, sollte man sich vielleicht mal Gedanken darüber machen, wieso der ein solcher Erfolg ist. Mittlerweile sind zahlreiche Oberzentren und ganze Landstriche vom Fernverkehr abgekoppelt. Natürlich findet die Allianz pro Schiene das alles ganz doof, aber man sollte sich lieber ernsthaft mit der Frage beschäftigen, was schiefgelaufen ist, wie es soweit kommen konnte. Unter Hartmut Mehdorn wurde der Fernverkehr ein großes Streichkonzert und auch heute zeigt sich, dass sich ein Großteil der notwendigen Verkehre unternehmerisch nicht lohnen. Wo früher einfach der Verkehr eingestellt wurde, strebt die DB AG heute eine Alimentierung ihrer Fernverkehrszüge durch die SPNV-Aufgabenträger an. Ob ein solches Modell gerichtsfest ist, darf bezweifelt werden. Es handelt sich um eine Direktvergabe von Eisenbahnleistungen, auch wenn die umlauftechnisch mit einem eigenwirtschaftlichen DB-Verkehr verbunden sind und wenn es tatsächlich bestellter Fernverkehr ist, muss man auch darüber nachdenken, ob hier nicht sogar Regionalisierungsgelder zweckentfremdet werden.

All das werden irgendwann Richter entscheiden müssen, sobald das erste mal jemand klagt. Doch politisch steht bereits jetzt außer Frage, dass die Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV eine der zentralen Lebenslügen der Eisenbahnreform in Deutschland ist. Die große Koalition spricht vom Deutschland-Takt, aber ohne die Erkenntnis, dass auch der Fernverkehr öffentlich geplant und organisiert werden muss, tut sich daran nichts. Die Rechtsauffassung sämtlicher Bundesregierungen, dass per definitionem überall dort kein Fernverkehrsbedarf vorhanden sei, wo die DB AG nicht eigenwirtschaftlich fahren will, wurde bereits mehrfach in der Realität widerlegt.

Aber es ist auch Sache der Länder, hier vorzugehen. Der Bund hat laut Grundgesetz die Pflicht, die Verkehrsbedürfnisse auf der Schiene zu erfüllen, statt den Fernverkehr der DB AG zu alimentieren könnte doch mal ein Landesverkehrsminister oder gar ein Aufgabenträger vor dem Bundesverfassungsgericht den Bund auf Pflichterfüllung verklagen. Der Fernbus, der im übrigen einen Großteil seiner Kundschaft aus den Mitfahrzentralen akquiriert (verbieten wir die doch gleich mit!), ist hier allenfalls ein kleiner Ersatz. Und zu guter Letzt muss sich auch die Allianz pro Schiene damit abfinden, dass ein Verbot für die Konkurrenz die Eisenbahn nicht besser, sondern monopolistischer macht. Oder sind Qualität und Leistung nicht im Interesse der Schienenlobby?

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