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Fernbusse: Was der Staat zu tun hat – und was nicht

08.08.13 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Jahr 2017 will man erste Erfahrungsberichte auswerten. Was halten Busunternehmen von Tarifverträgen und Sozialstandards? Größere Folgen wird es dann nicht geben, aber man wird sich auf die Schulter klopfen, dass man mal drüber gesprochen hat. Forderungen, die Tarifparteien sollen das selbst regeln, gehen an der Realität vorbei. Ja, mit wem soll eine Gewerkschaft denn Absprachen über Tarifverträge treffen? In einer Branche, in der hunderte von Unternehmen aktiv sind mit jeweils acht bis zwölf Mitarbeitern, da wird jeder Betreiber, der einen Tarifvertrag hat, schlichtweg vom Markt verschwinden.

Natürlich sind hier Tarifvorgaben zu machen, obwohl: Hätte man einen gesetzlichen Mindestlohn, wäre die ganze Diskussion nicht nötig. Bürokratische Tariftreueregelungen sind die Folge dieses arbeitsmarktpolitischen Sonderweges, den die Bundesrepublik Deutschland nicht nur in Europa, sondern auch in den Industriestaaten dieser Welt geht, indem man auf einen Mindestlohn verzichtet. Damit wäre auch den Gegnern des Busverkehrs der Wind aus den Segeln genommen: Vielfach argumentieren diejenigen, die die Schiene vor Wettbewerb schützen wollen, mit den vermeintlich schlechten Arbeitsbedingungen in der Busbranche. Übrigens, das gilt genauso im kommunalen Verkehr wo es Inhouse-Vergaben sei dank doch angeblich paradiesische Zustände gibt. Wer einmal guckt, was da für Subunternehmen fahren, der schlägt die Hände über dem Kopf zusammen.

In einem weiteren Punkt hat die Bundesregierung aber recht: Es ist nicht Sache des Bundes, Busbahnhöfe zu bauen, das müssen Länder und Kommunen tun. In den Konzessionen sollte auch vorgeschrieben werden, dass die Busse, wenn sie in einer bestimmten Stadt halten, gefälligst den kommunalen ZOB zu nutzen und hier auch Stationsgebühren zu zahlen haben. Dass sie keine Autobahnmaut zahlen ist ein anderes Thema, im Gegensatz zu einem Schienenfahrzeug löst ein Fernbus nämlich durch seine bloße Existenz bereits eine Steuerpflicht aus. Es ist in jedem Fall zu verhindern, dass die Busse irgendwo am Stadtrand halten, sondern das muss zentral passieren, sodass auch ein guter Anschluss an den kommunalen Nahverkehr besteht.

Selbstverständlich suchen sich die Betreiber eigenwirtschaftlicher Fernbusse die Rosinen raus. Nach einer Marktkonsolidierungsphase wird es wahrscheinlich drei oder vier Anbieter zwischen Dortmund und Hamburg, München und Berlin geben aber auf vielen anderen Relationen kaum etwas. So ist das eben in einer Marktwirtschaft. Dasselbe Theater gibt es ja beim eigenwirtschaftlichen Fernverkehr der Deutschen Bahn. Ein möglicher Ansatz könnte sein, diese eigenwirtschaftliche Flickschusterei mit nicht abgestimmten Angeboten und eigenen Fahrscheinen bei jedem Anbieter ganz sein zu lassen und den Personenverkehr generell unter die Obhut öffentlicher Aufgabenträger zu stellen. Das wäre sogar die deutlich bessere Lösung, aber hier müssten dicke Lobbyistenbretter gebohrt werden, denn die Profiteure der aktuellen ÖV-Organisation sind verbandspolitisch hervorragend organisiert und die werden alles tun, ihre Pfründe zu verteidigen.

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