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Viertes Eisenbahnpaket: Richtige Richtung, weiter Weg!

31.01.13 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Manche Leute halten den Konzern für unteilbar: Ob Radikalkritiker der Eisenbahnreform oder DB-Lobbyisten Beide sind sich einig, dass man einen integrierten Konzern braucht. Die einen sind per se gegen Marktwirtschaft und die anderen wollen ihre eigenen Pfründe sichern. Selbstverständlich ist die DB AG für möglichst wenig Regulierung – zumindest in Deutschland. Aber wenn man einen gemeinsamen Eisenbahnraum in Europa mit geöffneten Märkten schaffen will, dann braucht es mindestens eine starke Regulierung.

Die DB AG und ihre politischen Vorfeldorganisationen laufen Sturm, aber dann muss man sie laufen lassen: Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht mit den Fröschen diskutieren. Siim Kallas will völlig zurecht Quersubventionierungen zwischen DB Netz und anderen Unternehmensteilen verhindern. Bislang hat der Konzern mit den Bereichen Netz und Regio zwei Gewinnbringer und mit den Bereichen Fernverkehr, Güterverkehr und Auslandsaktivitäten drei Zuschussgeschäfte. Die DB AG rechtfertigt die exorbitanten Gewinnabschöpfungen aus der DB Netz AG stets damit, dass die Renditen angemessen seien. Renditeerwartungen, die aber an andere Unternehmensbereiche nicht gestellt werden. Damit wird es vorbei sein und zwar zurecht.

Doch man muss aufpassen: Die Kommission braucht ein „robustes Mandat“, um diese Vorgabe durchzubringen, inklusive rechtlichen Mitteln bei Verstoß dagegen, aber genau da wird es holprig. Die Drohung ist, dass man der DB AG bei Nichteinhaltung die Marktteilnahme außerhalb Deutschlands untersagt, aber dabei stellt sich die Frage nach der Umsetzung: Soll der Verkehrskommissar sagen „Liebe DB, wenn Ihr den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag nicht binnen sechs Monaten kappt, dann übernehmen wir DB Arriva treuhänderisch und verkaufen es weiter!“ Wenn das ginge, könnte man ja damit leben, aber es steht zu befürchten, dass es statt dessen zu langwierigen, über Jahre oder gar Jahrzehnte laufenden Vertragsverletzungsverfahren kommt, in denen man erst mal weitermachen kann wie bislang.

Besonders wichtig ist aber die Planung, die Verordnung 1370/2007 so zu ändern, dass Wettbewerbsvergaben nicht mehr nur eine Option sind, sondern zur verbindlichen Vorschrift werden. Bislang sind Direktvergaben ermöglicht, wenn nationales Recht dem nicht entgegensteht. Damit könnte man verhindern, dass Lobbyisten versuchen, ihre Märkte zugunsten der jeweiligen Platzhirschen abzuschirmen. Doch am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die Schiene immer einen strukturellen Nachteil im Wettbewerb der Verkehrsträger haben wird, wenn ihre Infrastruktur – in welcher Form auch immer – unter dem Dach eines Verkehrskonzerns betrieben wird.

Erst recht wirkt dieser Nachteil besonders hart, wenn die Schieneninfrastruktur Renditen auf die dortigen Anlage- und Vermögenswerte „erwirtschaften“ muss, während die Straße nach dem Bedarfsprinzip finanziert wird. Von Kostengerechtigkeit zwischen Güter- und Personenverkehr und anderen wichtigen Themen ist dabei noch gar keine Rede, doch all das steht in den nächsten Jahren an. Es bleibt als spannend.

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