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VCD: Stuttgart 21 – Das Spiel ist aus!

17.12.12 (Stuttgart) Autor:Niklas Luerßen

Der ökologische Verkehrsverband VCD Baden-Württemberg zeigt sich fassungslos angesichts des Offenbarungseids, den Technikvorstand Kefer auf der Pressekonferenz der Deutschen Bahn AG (DB) geleistet hatte: Mindestens 1,1 Milliarden – wahrscheinlich aber 2,3 Milliarden Euro an Mehrkosten – werden fällig, entstanden aufgrund einer absolut dilettantischen Planung durch die DB, erklärt der VCD und sieht sich damit in seinen langjährigen Kritik an Stuttgart 21 vollauf bestätigt.

„Nicht untersuchte Leitungen, nicht budgetierte Planungskosten, nicht komplett geplante Bauzustände, unvollständige Planung der Eisenbahntechnischen Ausrüstung wie Gleise, Signale und Oberleitungen – um nur einige der Missstände der DB-Planung zu nennen: Wie sollen die Bürger im Land zukünftig noch Vertrauen in die Aussagen der Bahnmanager haben? Wer glaubt tatsächlich noch, dass dies die letzte Kostensteigerung bei Stuttgart 21 gewesen ist?“, beklagte sich der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. „Das ist eine Bankrott-Erklärung für ein Projekt, das früher als ‚bestgeplantes der DB‘ bezeichnet wurde! Wie konnte es soweit kommen, dass Politik und Verwaltung jahrelang einem bundeseigenen Großkonzern jede Falschaussage zu diesem Projekt geglaubt und gleichzeitig den Projektkritikern jegliche Kompetenz abgesprochen haben?“

Betrachte man nicht nur Stuttgart 21, sondern alle Bahnprojekte in Baden-Württemberg, so ergebe sich ein klarer Zusammenhang: Die DB habe weder Geld noch Planungskapazität für den Ausbau der Breisgau-S-Bahn rund um Freiburg, noch für den Südbahn-Ausbau zum Bodensee, noch für den Gäubahn-Ausbau Richtung Zürich. All diese Projekte seien auf 2020 verschoben. „Warum will die Bahn über zwei Milliarden Euro zusätzlich in ein Immobilienprojekt investieren, wo es doch im ganzen Land einen erheblichen Nachholbedarf beim Ausbau der Schiene gibt?“, fragte Lieb. Er erinnerte gleichzeitig daran, dass Stuttgart 21 ein reines Immobilienprojekt sei, denn die Hauptstadt besitze bereits einen voll funktionsfähigen Bahnhof.

„Jeder Häuslesbauer“, stellte Lieb fest, „überlegt bei Mehrkosten, ob er sich sein Wunschhaus noch leisten kann und plant um, wenn das Geld nicht reicht – dieser Zeitpunkt ist bei Stuttgart 21 längst erreicht.  Zumal bei diesen Kostensteigerungen auch keine Bundeszuschüsse aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) mehr fließen könnten, da die Wirtschaftlichkeit, die bei allen anderen Projekten notwendig ist, hier nicht mehr gegeben sei.“

Deshalb fordert der VCD die Projektpartner Stadt und Region Stuttgart sowie das Land Baden-Württemberg auf, sich angesichts dieser dramatischen Kostenentwicklung ergebnisoffen mit der DB zusammenzusetzen und zu überlegen, was die verkehrlichen Probleme in der Region Stuttgart sind und mit welchen Maßnahmen diese rasch behoben werden können. „Sie werden dabei erkennen“, bekräftigte Lieb seine Kritik am Projekt, „dass Stuttgart 21 nicht dazu gehört – vielmehr ist Stuttgart 21 das Problem, das seit 1995 bessere Lösungen verhindert.“

Ein neuer Bahnsteig für drei bis fünf Millionen Euro in Stuttgart-Vaihingen ermögliche zudem den Halt der RE-Züge in Stuttgart-Vaihingen und verbessere innerhalb von ein bis zwei Jahren den Anschluss der Gäubahn an den Flughafen sowie einen zusätzlichen Umsteigepunkt zu einigen Stadtbahnlinien, ohne vorher auf die S-Bahn umsteigen oder über den Hauptbahnhof fahren zu müssen. Zusätzliche Gleise von Stuttgart nach Bad Cannstatt, wie schon 1993 geplant, könnten die S-Bahn vom Regionalverkehr unabhängig machen. Eine Vielzahl kleiner Maßnahmen würde kurzfristig einen hohen Nutzen bringen – dafür müsse man nicht noch 15 oder 20 Jahre auf die Fertigstellung eines unbezahlbaren Mammut-Projektes warten.

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