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VRR: Hat Abellio für S 5 und S 8 doch noch eine Chance?

27.01.12 (VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Vorgestern sickerten die Informationen durch, dass DB Regio die Ausschreibung um die Linien S 5 und S 8 gewonnen hat. Der Vergabeausschuss hat getagt und entschieden – trotzdem will der VRR bis auf weiteres kein offizielles Statement abgeben. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Entscheidung zunächst so gefallen ist. In Gelsenkirchen fürchtet man jedoch, dass sich das durch einen Einspruch noch einmal ändern kann.

Hintergrund: Es gab drei Bieter, DB Regio, Abellio Rail NRW und die Rurtalbahn. Letztere ist weit abgeschlagen, aber die Angebote der DB und von Abellio lagen extrem nah beieinander. Die Deutsche Bahn wollte das optional angebotene Fahrzeugfinanzierungsmodell durch den VRR nicht in Anspruch nehmen, Abellio jedoch schon. Der VRR hätte daher im Falle eines Ausschreibungsgewinnes durch Abellio einen Kredit aufnehmen müssen, um die Fahrzeuge vorzufinanzieren. Dieser wäre für den Aufgabenträger kostenneutral gewesen, da er von Abellio bedient worden wäre.

Am Mittwoch musste also ein Kreditangebot eingeholt werden, das nur eine sehr kurze Bindefrist hatte. Erst mit diesem Kreditangebot stand der endgültige Preis fest, den Abellio genommen hätte. Wie hoch der Unterschied genau ist, darüber schwanken die Angaben, er ist jedoch definitiv so gering, dass bereits kleine Änderungen in der Finanzierungsfrage den Ausschlag hätten geben können.

Es wird sicher davon ausgegangen, dass ein Einspruch kommen wird. Dieser kann noch bis in die übernächste Woche hinein eingelegt werden. Aus diesem Grund hat der VRR nur die betroffenen Eisenbahnverkehrsunternehmen informiert. Im Falle des erwarteten Einspruchs kann sich die endgültige Entscheidung auf unbestimmte Zeit verzögern.

Zeit, die man eigentlich nicht hat, denn die Betriebsaufnahme ist bereits im Dezember 2014, also in 34 Monaten. Der VRR hat aus dem Grund bereits einen Plan B: Weil bei einer weiteren Verzögerung ein pünktlicher Start nicht mehr möglich ist, müsste der Vertrag mit DB Regio NRW auf dem Wege der Notvergabe oder der Auferlegung um ein bis zwei Jahre verlängert werden.

Interessant ist in dieser Sache aber in jedem Fall der Bezug zur Bahnstromdiskriminierung durch DB Energie: DB Regio muss als Teil des DB-Konzerns weniger Geld pro Kilowattstunde Bahnstrom zahlen als es andere Eisenbahnverkehrsunternehmen müssten. DB Energie gibt hier Mengenrabatte, die so gestaffelt sind, dass die Deutsche Bahn stets die höchste Rabattstufe erhält, während die Wettbewerber diesen Rabatt selbst dann nicht erhielten, wenn alle in Deutschland aktiven Eisenbahnverkehrsunternehmen als Einkaufsgenossenschaft auftreten würden.

DB Energie rechtfertigt diese Rabattregelungen als bei Energieversorgungsunternehmen marktüblich. Gleichzeitig erhält DB Energie allerdings auch Zuwendungen aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) was nur für Eisenbahninfrastrukturunternehmen möglich ist. Die Bahnstromdiskriminierung ist juristisch angegriffen, wurde allerdings noch nie von Politikern thematisiert. Unabhängig von den Finanzierungskosten hat genau diese Situation den Ausschlag zugunsten der Deutschen Bahn gegeben; bei gleichen Bahnstromkonditionen hätte Abellio gewonnen.

Eine Sache steht jedoch nach den Vergaben der Linie RB 47, der Haardachse und der S 5 / S 8 fest: Das Fahrzeugfinanzierungsmodell des VRR gewährleistet wirtschaftliche Preise. Auch wenn die Deutsche Bahn gewinnt, steht sie unter einem so hohen Wettbewerbsdruck, dass es keine exorbitant hohen Preise gibt. Darüber hinaus sind solche Ausschreibungen für Privatbahnen so attraktiv, dass sich zahlreiche Bewerber finden. Und der denkbar knappe Ausgang verspricht auch weiterhin Spannung.

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