Müngstener Brücke: Der Aufgabenträger braucht einen Rechtsstand
05.05.11 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld
Dieser Tage ist es gewiss nicht leicht, Pressesprecher der Deutschen Bahn zu sein. Mit Hohn und Spott wird das Unternehmen übergossen – wohl auch nicht zu unrecht; hat man doch tatsächlich bei der beantragten Wiederfreigabe der Müngstener Brücke mit dem Leergewicht der Züge statt mit dem zulässigen Gesamtgewicht gerechnet. Die Fahrgäste wurden schlicht vergessen. Es scheint ein wenig symptomatisch für die Bahn insgesamt zu sein.
Doch es reicht nicht, die DB AG fröhlich dafür zu beschimpfen. Auch vermeintlich linke und vielfach gar linksextremistische Radikalkritik an der Bahnreform – die Bundesbahn habe schließlich alles besser gemacht – ist deplatziert. Das einzige, was die Behördenbahn besser konnte, waren Streckenstilllegungen.
Es sind die handwerklichen Fehler des 1994 eingeführten Eisenbahnrechtes, die dafür gesorgt haben, dass an dieser Stelle so eine verkehrliche Katastrophe passiert ist. Ganz zu schweigen davon, dass die Bundesbahn die Brücke seit den 1960er Jahren auch weitgehend unangetastet ließ. Es muss konstruktive politische Lösungen geben – damit sich sowas nicht mehr wiederholt.
Bereits am Rande der feierlichen Vertragsunterzeichnung zwischen dem VRR und Abellio – die Essener Privatbahn übernimmt die Verkehrsleistungen ab Dezember 2013 – sagte VRR-Geschäftsführer Martin Husmann dem Eisenbahnjournal Zughalt.de, dass man seit Jahren immer wieder bei DB Netz nachgefragt habe, in welchem Zustand sich das Bauwerk befinde. Die Antwort habe immer wieder gelautet, es sei alles in Ordnung.
Mehr als unverbindliches Nachfragen war dem VRR nicht möglich. Der Aufgabenträger, obwohl es sich um eine nahezu reine Nahverkehrsstrecke handelt, hat in dieser Frage keinen Rechtsstand. Er muss sich darauf verlassen, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen die eigenen Ansprüche – die sich aus dem Verkehrsdurchführungsvertrag ableiten – dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen gegenüber durchsetzt.
Und genau diese Situation muss geändert werden. Der Aufgabenträger – der seit der Bahnreform für die Daseinsvorsorge verantwortlich ist – muss klar definierte Rechte auch der Netzgesellschaft gegenüber bekommen. Und das darf sich nicht auf Auskunftsansprüche beschränken, sondern der Aufgabenträger muss auch in der Lage sein, selbst die Infrastruktur prüfen und im Falle eines Falles auch reparieren zu lassen. Die Rechnung kriegt dann der Infrastrukturbetreiber präsentiert. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Interessen der Allgemeinheit, in dem Fall ein funktionierender SPNV, nicht untergehen.
Das ist auch keine Frage nach dem integrierten Konzern oder einer Trennung von Netz und Betrieb. Dazu kann man ja stehen wie man will, aber auch ein unabhängiges Infrastrukturunternehmen muss dem Aufgabenträger gegenüber im Zweifel rechenschaftspflichtig sein. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man es mit einer zentralen oder mehreren dezentralen Schienenverwaltungen zu tun hätte.
Das Nichtstun, das „Meckern und Stillhalten“ wird dafür sorgen, dass sich solche Vorgänge – wenn auch in anderer Form – wiederholen. Es gibt nur eine Institution, die die Sperrung der Müngstener Brücke verhindert hätte, wenn sie es gekonnt hätte, und das ist der VRR.