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München: MVG stellt Asylbewerber ein

28.06.18 (München, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Münchener Verkehrsgesellschaft (MVG) wird allein 2018 mehr als dreihundert neue Fahrer für Bus, Tram und U-Bahn einstellen. Hierzu geht das Unternehmen, gerade vor dem Hintergrund der Arbeitsmarktlage in der bajuwarischen Landeshauptstadt, gezielt auf Asylbewerber mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus zu. Gemeinsam mit dem Mutterkonzern Stadtwerke München, dem Jobcenter München sowie der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayrischen Wirtschaft (bfz) werden Asylbewerber zu Fahrern ausgebildet.

Das klare Ziel für alle Teilnehmer ist eine Übernahme in ein unbefristetes, sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis und der Bezahlung nach Verdi-Tarifvertrag bei der MVG. Jetzt im Juni ist das Kooperationsprojekt im Regelbetrieb angelaufen: Sieben Teilnehmer haben die Qualifizierung im Fahrdienst erfolgreich abgeschlossen. Sie sind heute feste Mitarbeiter der MVG und bringen täglich Fahrgäste an ihr Ziel.

Neun Fahrer absolvieren aktuell bei der MVG die Qualifizierung. Geboren wurde das Integrationsprojekt bei den SWM und der MVG im Zuge der wachsenden Zahl ankommender Asylbewerber in München. Das Jobcenter hat seine Erfahrung eingebracht: Eine Kombination aus Spracherwerb, Qualifizierung und beruflicher Tätigkeit hat sich als besonders erfolgreich erwiesen. Deshalb haben die Partner das Projekt gemeinsam in diese Richtung entwickelt.

Zum Projektstart 2017 gab es nicht genügend Asylbewerber in der Stadt, die das erforderliche Sprachniveau besaßen. Um eine sinnvolle Auslastung des fachspezifischen Deutschunterrichts zu erreichen, wurde deshalb die Zielgruppe um Menschen mit Migrationshintergrund erweitert. Diese Konzeption hat sich bewährt. Der Fahrdienst bei der MVG bot sich besonders für das Projekt an, denn die MVG braucht viele Fahrer.

Interessant für interessierte Personen ist: Die Qualifizierung im Fahrerberuf ist mit drei bis vier Monaten kurz und voll bezahlt. Dies ist für Bewerber wichtig, die eine Familie versorgen oder ihre eigenen Lebenshaltungskosten aufbringen müssen. An erster Stelle für die angehenden Fahrer stehen gute Sprachkenntnisse. Ob in Gesprächen mit Fahrgästen oder mit Kollegen und Vorgesetzten: Die neuen Mitarbeiter müssen solide Deutsch sprechen.

Deswegen geht der Qualifizierung auch ein umfassender Sprachkurs beim bfz München voran. Insbesondere technisches Fachvokabular rund um die Fahrzeuge, wie z.B. Bremskreislauf oder Federspeicher, wird in den Deutschkursen vermittelt. Diesen Fachwortschatz benötigen sie später in der Praxis und auch schon während der Fahrausbildung. Denn sie absolvieren sie mit allen anderen Teilnehmern in der regulären Fahrschule der MVG.

Und auch bei der abschließenden Prüfung müssen die (fach-)sprachlichen Fähigkeiten nachgewiesen werden. Denn auch hier gibt es kein Sonderformat, die Projektteilnehmer machen dieselbe Prüfung wie die deutschen Muttersprachler. Zwei Pluspunkte hat die intensive sprachliche Vorbereitung: Asylbewerber lernen die Sprache noch besser und die gemeinsame Ausbildung erleichtert zudem ihre Integration.

Im 24-wöchigen Sprachkurs wie auch in der Fahrschule lernen sich die Teilnehmer sowie ihre künftigen Vorgesetzten kennen. Dabei werden auch Themen wie Schichtdienst, Zuverlässigkeit im Fahrdienst und die Arbeitskultur in Deutschland generell angesprochen, um auch hier eine erfolgreiche Integration in den Betrieb zu ermöglichen. Die Akquise der Teilnehmer übernimmt das Jobcenter unterstützt durch das bfz.

Die endgültige Auswahl erfolgt dann im Rahmen von sogenannten Clearing-Tagen im bfz München. Hier wird das Projekt ausführlich vorgestellt, Bewerber sowie Unternehmensvertreter lernen sich kennen und es findet ein Spracheinstufungstest statt. Im Anschluss beginnt die Qualifizierung mit einem zwölfwöchigen berufsbezogenen Deutschkurs, dann startet eine wiederum zwölfwöchige Praktikums- und Orientierungsphase, die aus einem Praktikum im Fahrdienst der MVG (zwei bis drei Tage pro Woche) und der Fortsetzung des Deutschkurses besteht.

Geeignete Bewerber werden anschließend – nach einer werkärztlichen Untersuchung – regulär eingestellt und beginnen ihre Ausbildung als Bus- oder U-Bahnfahrer. In dem von Mai bis Dezember 2017 durchgeführten Pilotprojekt wurden zwei U-Bahnfahrer und fünf Busfahrer gewonnen. In der im November 2017 gestarteten zweiten Phase befinden sich neun neue Angestellte. In diesen Tagen steht nun die dritte Runde mit weiteren zwanzig Teilnehmern am Start.

Siehe auch: Auf der Arbeit klappt die Integration

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