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Alle reden vom Wetter. Wir sowieso.

22.03.18 (Fernverkehr, Güterverkehr, Kommentar, Ostdeutschland, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Es wirkt aus heutiger Sicht wie ein Hohn, dass die alte Bundesbahn in den 60er Jahren mit dem Slogan „Alle reden vom Wetter, wir nicht“ geworben hat. Man wollte damals gerade im Winter gezielt Autofahrer dazu bringen, hin und wieder mal mit der Bahn zu fahren. Denn während andere im Schneetreiben zu kämpfen haben, fährt der Zug seinen Weg. Nunja. Die letzten Monate haben gezeigt, dass die deutsche Staatseisenbahn mit Sturm, Schnee, Frost und anderen für unsere Breitengrade üblichen Wettererscheinungen überfordert zu sein scheint.

Und man muss sich daher die Frage stellen, ob der inländische Eisenbahnverkehr wirklich von so großem Interesse ist, wie es die Konzernstrategie DB-2020 vermuten lässt. Also genau die, die vor ihrer offiziellen Vorstellung sogar den Titel „Eisenbahn in Deutschland“ hatte, weil man den Fokus künftig doch so sehr auf die Schiene zwischen Rhein und Oder legen möchte. Aber wenn bei einem Winterrückfall im März, und das kann nunmal passieren, der Verkehr eingestellt werden muss, weil man völlig überfordert ist, dann stimmt etwas nicht.

Das ist nicht die beste Eisenbahn der Welt, das ist nicht das Netz, von dem andere lernen können. Und ja, auch das spielt hier eine Rolle: Die deutsche Eisenbahnindustrie möchte ihre Technik überall in der Welt verkaufen: Ob auf viertausend Höhenmeter in Äquatornähe, ob in Skandinavien Richtung Nordpol, nach Alaska und nach dem Ende der Russland-Sanktionen sicher auch wieder in den einstmals roten Bereich.

Aber wie soll das bitte funktionieren, wenn wir uns hier international zur Lachnummer machen und bei zwanzig, dreißig Zentimetern Schnee nicht mehr fahren. Was denkt jemand von der nordkanadischen Eisenbahn, der vielleicht gerade hier ist um sich über winterfeste Leit- und Sicherungstechnik hiesiger Hersteller zu informieren? Können die das nicht besser? Es sieht fast so aus.

Weil es aber kein Naturgesetz ist, dass der Eisenbahnbetrieb bei Schnee eingestellt werden muss, ist es jetzt Sache von Bundesnetzagentur und Eisenbahnbundesamt einzugreifen. Wo ist der Punkt gekommen, an dem man nicht mehr objektiv von höherer Gewalt sprechen kann, sondern eine Leistungsverweigerung durch DB Netz vorliegt? Was kann man einem Infrastrukturbetreiber zumuten, wenn es darum geht, auch bei einem Wetter, bei dem die meisten lieber auf dem Sofa wären als unterwegs, dafür zu sorgen, dass die Züge fahren?

Es ist natürlich an dieser Stelle nicht möglich, diese Frage zu klären. Es ist aber wichtig, sie zu stellen. Wenn ein Verkehrsunternehmen im Regionalverkehr den Betrieb einstellt und sich dabei auf nicht zu beeinflussende Umstände beruft, dann prüft der Aufgabenträger ebenfalls genau, was denn da los war und guckt sich auch die Abläufe in den betroffenen Unternehmen an.

Der Aufgabenträger ist für das Controlling zuständig, aber welche Stelle ist bei DB Netz dafür zuständig? Es sind die beiden genannten Behörden. Diese müssen klar und deutlich festlegen, welche Verpflichtungen die DB Netz AG auch bei schlechtem Wetter hat – und bei Missachtung entsprechend reagieren.

Siehe auch: Wintereinbruch in Ostdeutschland – Kritik an DB Netz

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